Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Bergbau und Hüttenwesen. 69 
  
120 PS), weshalb die elektrischen Lokomotiven erheblich leistungsfähiger sind als die an- 
deren Lokomotiven. Freilich bleibt ihnen der Steinkohlenbergbau so weit verschlossen, 
als ihre Anwendung in Schlagwettergruben aus Sicherheitsgründen nur in den einzie- 
henden Strecken möglich ist. 
Dagegen hat die Elektrizität auf dem Gebiete der Haspelförderung auch im Stein- 
kohlenbergbau überall Eingang gefunden, da es nach langen Versuchen gelungen ist, durch 
besondere Einkapselung des Motors eine Explosion schlagender Wetter durch Zündung 
des elektrischen Funkens auszuschließen. Doch sind die in der letzten Zeit erheblich ver- 
besserten Lufthaspel noch immer sehr beliebt, weil sie gegen die in der Grube unvermeid- 
lich rauhe Behandlung unempfindlicher sind, als die Elektrohaspel, und man ihren 
schlechteren Wirkungsgrad wegen ihrer höheren Betriebssicherheit gern mit in den Kauf 
nimmt. 
Von besonderer Wichtigkeit für den Abbau wenig mächtiger und flachgelagerter 
Flöze ist die mechanische Abbauförderung, die sich in den letzten Zahren in Deutschland 
schnell verbreitet hat. Während man sich früher nur der Schaufel bediente, um die vor Ort 
gewonnenen Kohlen in den in der Förderstrecke stehenden Grubenwagen zu schaffen, 
wozu häufig mehrfaches Umschaufeln der Kohle nötig war, benützt man jetzt hierzu die 
sogenannten Schüttelrutschen, die, von Druckluft angetrieben, die Kohle von der Abbau- 
stelle am Stoße entlang ununterbrochen weiter schaffen und in die Grubenwagen schütten. 
Bei der Anwendung dieser Schüttelrutsche wird jede Staubaufwirbelung und Zerkleine- 
rung der Kohle vermieden und diese bei erhöhtem Stückkohlenfall billig in die Förder- 
wagen transportiert. Diese Schüttelrutschen können in Längen bis zu 100 m zum Kohlen-- 
und auch zum Bergetransport verwendet werden und gestatten, bei regelmäßiger Lage- 
rung, das Flöz mit einem einzigen geraden Kohlenstoße abzubauen, ohne die in der Her- 
stellung, Unterhaltung und Bedienung so teuren und für die Arbeiter gefährlichen Brems- 
berge auffahren und benützen zu müssen. Durch den Fortfall dieser Bremsberge und der 
vielen kleinen Abbaustrecken lassen sich ganz erhebliche Ersparnisse und zugleich ein be- 
deutend schnelleres Vorrücken des Kohlenstoßes erzielen, was für die Gewinnung der 
Kohle und zur Verringerung des Stein- und Kohlenfalles außerordentlich vorteilhaft ist. 
Esliegen also auf diesem Gebiete der Grubenförderung in Deutschland bereits recht er- 
folgreiche und viel versprechende Anfänge zur allgemeinen Einführung der Maschinenarbeit 
vor, welche die Handarbeit bereits zum großen Teile vollständig ersetzt baben. Dagegen 
ist die Aufgabe, die gewonnenen Kohlen mittelst Maschinen in die Förderrinnen oder die 
Grubenwagen einzufüllen, für den unterirdischen Betrieb noch nicht gelöst und bis jetzt 
noch nicht in Angriff genommen worden. Nur im Tagebau auf Braunkohlen ist, wie be- 
reits an anderer Stelle erwähnt, die maschinelle Gewinnung und Förderung ohne Ein- 
schalten menschlicher Hilfe bereits in vollem Umfange erzielt worden. Auf dem Gebiete 
der Wetterführung und Wasserhaltung, die seit der Erfindung der Dampfmaschine un- 
umstrittene Domäne der Maschine waren, sind ebenfalls erhebliche Fortschritte zu ver- 
zeichnen. Die langsam laufenden alten BVolummaschinen, die Wetterpumpen, sind voll- 
ständig verschwunden und haben schnell laufenden Depressionsmaschinen, den elektrisch 
angetriebenen Zentrifugalventilatoren, Platz gemacht. 
517
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.