Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Bergbau und Hüttenwesen. 71 
  
Staubbildung überhaupt zu verhüten, hat an vielen Orten gute Erfolge erzielt und sogar 
stellenweise zu einem Ersatze der Sprengarbeit geführt, indem man dem Druckwasser 
die Arbeit des Loslösens und Auflockerns der Kohle überläßt, die dann nach erfolgter 
Durshtränkung bequem mit der Keilhaue hereingewonnen werden kann, ohne Staub- 
bildung zu verursachen. Auch zum Löschen von Grubenbränden ist dieses Stoßtränken 
mit Erfolg angewendet worden. Indes werden die meist durch Selbstentzündung auf- 
tretenden Grubenbrände in absehbarer Zeit wohl vollständig verschwunden sein, da die 
allgemeine Einführung des Spülversatzes eine Selbstentzündung der Kohle überhaupt 
unmöglich machen wird. 
Nachd em die Entzündung schlagender Wetter durch das Geleucht des Bergmannes 
mit Hilfe der Davyschen Sicherheitslampe schon erheblich eingeschränkt worden war, 
wurde diese Sicherheit der Lampen durch die anfangs der 90er Zahre von Wolff ein- 
geführte innere Zündung der Lampe und seinen Magnetverschluß wesentlich erhöht. Eine 
weitere Verbesserung haben die Lampen in den allerletzten Jahren durch die Erfindung 
und Einführung der Metallfunkenzündung und durch elektromagnetische Verschlüsse 
erfahren. 
Infolge dieser Sicherheitsmaßregeln haben die Unfälle durch Schlagwetter- und 
Kohlenstaubexplosionen erheblich abgenommen, wie die nachstehenden Zahlen be- 
weisen: 
Auf einen durch Schlagwetterexplosionen zu Tode gekommenen Bergmann entfiel 
in Preußen eine Förderung von: 
539 625 t im Durchschnitt der Fahre 1881—1890, 
1 100 810 t im Durchschnitt der Zahre 1891—1900, 
1 769 716 t im Durchschnitt der Zahre 1901—1910, 
so daß sich die Sicherheit gegen schlagende Wetter verdreifacht hat, trotzdem die Stein- 
kohlengruben in den letzten Jahren bedeutend tiefer und gefährlicher geworden sind. 
Um für den Fall einer Explosion möglichst schnell Hilfe leisten zu können, ist auf den 
Gruben jetzt allgemein ein Sicherheitsdienst eingerichtet worden. Es werden aus den 
Arbeitern Mannschaften im Rettungswesen ausgebildet und mit der Handhabung von 
Atmungs- und Rettungsapparaten, die ein Eindringen in giftige Gase gestatten, gründlich 
vertraut gemacht, so daß im Falle einer Explosion immer eine geschulte Mannschaft 
vorhanden ist, die schnell in die Grube einzudringen, die Verunglückten zu retten und die 
durch Explosion meist gestörte Wetterführung wieder instand zu setzen vermag. 
Durch Herstellung von besonders bewetterten Rettungskammern unter Tage sucht 
man außerdem den Bergleuten bei Explosionen vor den giftigen Nachschwaden einen 
sicheren Zufluchtsort zu bieten, in den sie sich bei Zerstörung der Fluchtwege zurückziehen 
und wo sie sich bis zur Herstellung der Wetterführung oder bis zur Ankunft der Rettungs- 
mannschaften aufhalten können. 
Zur ersten Hilfeleistung sind ferner auf den größeren Zechen Heilgehilfen vorhanden, 
welche die ersten Verbände anlegen und Wiederbelebungsversuche anstellen. Zu letzteren 
eignet sich besonders der Pulmotor des Drägerwerkes, bei dem künstlich Sauerstoff in die 
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