Object: Reichs-Gesetzblatt. 1876. (10)

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Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte 
erkannt werden.  
Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie 
das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben. 
§. 174. 
Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren werden bestraft: 
1) Vormünder, welche mit ihren Pflegebefohlenen, Adoptiv- und Pflege- 
eltern, welche mit ihren Kindern, Geistliche, Lehrer und Exzieher, 
welche mit ihren minderjährigen Schülern oder Zöglingen unzüchtige 
Handlungen vornehmen; 
2) Beamte, die mit Personen, gegen welche sie eine Untersuchung zu 
führen haben oder welche ihrer Obhut anvertraut sind, unzüchtige 
Handlungen vornehmen; 
3) Beamte, Aerzte oder andere Medizinalpersonen, welche in Gefängnissen 
oder in öffentlichen, zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen 
Hülflosen bestimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind, wenn 
sie mit den in das Gefangniß oder in die Anstalt aufgenommenen 
Personen unzüchtige Handlungen vornehmen. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
sechs Monaten ein.  
§. 175. 
Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Ge- 
schlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu 
bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. 
§. 176. 
Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 
1) mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frauensperson vornimmt 
oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder 
Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nöthigt; 
2) eine in einem willenlosen oder bewußtlosen Zustande befindliche oder 
eine geisteskranke Frauensperson zum außerehelichen Beischlafe miß- 
braucht, oder 
3) mit Personen unter vierzehn Jahren unzüchtige Handlungen vornimmt 
ober dieselben zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen 
verleitet. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter 
sechs Monaten ein.   
§. 177. 
Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit 
gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson zur Duldung des 
außerehelichen  Beischlafs nöthigt, oder wer eine Frauensperson zum außer-
	        
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