Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Zweiter Band. (2)

  
VI. Buch. Bergbau und Hüttenwesen. 75 
  
Zur Verbesserung der Waschprodukte wird seit den Mer Zahren auch mit Erfolg 
die Windaufbereitung der Feinkohle angewendet. Neuerdings nimmt man bereits beim 
Entleeren der Förderwagen in den Wippern eine Entstaubung der Förderkohle vor, 
um einerseits hygienische Forderungen zu erfüllen und andererseits der Aufbereitung 
den lästigen und schwer zu verarbeitenden Staub fernzuhalten. 
Durch diese rechtzeitige Absaugung des Staubes wird die Schlammbildung in den 
Waschwässern verringert, deren Reinigung erleichtert und die Leistungsfähigkeit der 
Wäsche nicht unbedeutend erhöht. Derartige Entstaubungsanlagen werfen außer den 
eben erwähnten Vorteilen noch durch den Verkauf der Feinkohle an Gießereien oder 
durch ihre Verwendung als Zusatz zur Koks- oder Brikettkohle erhebliche Gewinne ab, 
erhöhen so die Rente der Zeche und verlängern zugleich die Lebensdauer der deutschen 
Steinkohlenvorräte nicht unerheblich. 
Die Brikettierung gehört ebenfalls zur Aufbereitung, die sich für den Bergmann 
auf die Brikettierung der Stein- und Braunkohle beschränkt, während die Brikettierung 
der Erze dem Hüttenmanne zufällt. Allbekannt ist, daß die Rohbraunkohle infolge ihres 
bohen Wassergehalts und ihrer chemischen Zusammensetzung nur den sehr geringen 
Heizwert von 2500—2500 Wärmeeinheiten besitzt, so daß sie nicht auf größere Entfer- 
nungen hin versandt werden kann. Aus diesem Grunde wird sie zu Briketts zusammen- 
gepreßt, deren Heizwert 4500—5000 beträgt und demjenigen der Steinkohle nahekommt. 
Wenn auch die Brikettierung selbst schon älteren Datums ist, so sind doch in den letzten 
25 Jahren auch auf diesem Gebiete nennenswerte Fortschritte zu verzeichnen. ODurch 
Erhöhung der Dampfspannung und die Ausnutzung des Kraftdampfes zu Trocken- 
zwecken, durch die Erfindung des Schulzschen Röhren-Trocken-Apparats und die im 
Jahre 1900 erfolgte Einführung von Wendeleisten in den Rohren zur Trocknung der 
Braunkohle, durch welche die Wasserverdampfung von 60 kg auf den Quadratmeter 
Heizfläche in 24 Stunden auf 100 kg gesteigert wurde, sind wesentliche Ersparnisse bei 
der Fabrikation erzielt worden. Die Brikettpressen selbst wurden wesentlich vervollkomm-- 
net und leistungsfähiger gemacht, so daß man jetzt mit einer Presse täglich über 70 Tonnen 
Briketts herzustellen vermag. Erst diese Verbesserungen im Vereine mit der maschinellen 
Gewinnung der Braunkohle, die bereits früher erwähnt wurde, ermöglichte den ge- 
waltigen Aufschwung, den die deutsche Braunkohlenindustrie in den letzten 25 Jahren 
genommen hat. Neben der Brikettierung der Braunkohle findet auch eine solche von 
Steinkohlen statt, und zwar wird hierzu feine Magerkohle verwendet, die, da sie nicht 
verkokbar und sehr schwer zu verfeuern ist, lange Zeit für vollständig wertlos galt und auf 
die Halde geworfen wurde. Durch Mischen dieser Feinkohle mit Pech und durch Pressen 
der erwärmten Massen zu Briketts erhält man aus dem sonst vollständig wertlosen Staube 
einen hochwertigen Brennstoff, der sich infolge soiner Wetterbeständigkeit und langen 
Haltbarkeit einer großen Wertschätzung erfreut und in den letzten Jahren, vor allem im 
Eisenbahnbetriebe, schnell Eingang gefunden hat. 
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