Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
VII. Buch. Wasserstraßen und Binnenschiffahrt. 71 
  
für die erste Einrichtung dee staatlichen Schleppbetriebes verfügbar macht, geregelt. 
Oabei ist hinsichtlich desjenigen Verkehrs, der nur im Zuge des jetzigen Dortmund-- 
Emskanals sich bewegt, ohne auf die neuen Kamalstrecken des Wasserstraßengesetzes vom 
1. April 1905 überzugreifen, eine Befreiung vom Schleppmonopol für die nächsten 15 JLahre 
vorgesehen worden, so daß auf der im Zuge des Rhein= Weserkanals liegenden älteren 
Kanalstrecke Herne-Bevergern ein monopolpflichtiger und ein monopolfreier Verkehr 
nebeneinander hergehen wird. 
Gründe dafür. Die inneren Gründe, welche bei den Regierungen und Volksver- 
tretungen zur staatlichen Beteiligung am Schiffahrtsbetriebe durch 
Übernahme von Schleppleistungen, also durch Gestellung der bewegenden Kraft mit 
mehr oder weniger weitgehendem Ausschlusse des privaten Wettbewerbes geführt haben, 
liegen auf verschiedenen Gebieten. 
Es war einerseits das allgemeine Bestreben, die Schiffahrt dadurch zu fördern und zu 
erleichtern, daß man ihr eine Beförderungsanstalt zur Verfügung stellte, deren Preise durch 
einen öffentlichen Tarif ein für allemal geregelt waren und fürjedermann gleichmäßig galten. 
Dieses Moment war namentlich bei Einrichtung des Kettenschleppdienstes auf dem Main 
bestimmend, wo die Schiffahrt einer solchen Anregung und Erleichterung bedürftig schien. 
Andererseits kamen aber auch betriebstechnische Gründe in Betracht, die namentlich 
für Kanäle eine große Bedeutung haben. Wenn der Eigentümer oder Verwalter der 
Wasserstraße die Fortbewegung der Schiffe selbst in der Hand hat, so kann er bis zu einem 
gewissen Grade auf die Regelmäßigkeit des Verkehrs einwirken, Verkehrsstopfungen 
an Schleusen verhüten, für das Zusammentreffen von Schleusungen und Gegenschleu- 
sungen sorgen und hiermit — waös bei schwieriger Beschaffung des Kanalspeisungs- 
wassers wichtig ist — auf die sparsame Verwendung dieser Wasservorräte einwirken. 
Eine derartig planmäßige Leitung des Betriebes, in ähnlicher Weise wie bei einer Eisen- 
bahn, ist sehr geeignet zur Steigerung der Leistungsfähigkeit einer Wasserstraße, zur Er- 
höhung ihrer Ausnutzung über das bei ungeregeltem Betriebe erreichbare Maß. Eine 
Wasserstraße von gegebenen Einrichtungen und Abmessungen kann also für eine be- 
stimmte Verkehrsmenge bei einem durch Schleppmonopol geregelten Betriebe aus- 
reichend sein, während sie ohne solchen Betrieb unzulänglich wäre, oder mit anderen 
Worten: durch den geregelten Betrieb kann an den Baukosten gespart werden. Das 
letztere gilt aber auch von den Unterhaltungskosten, weil der Kanaleigentümer die Be- 
triebsmittel so auswählen und benutzen kann, daß sie den Kanalkörper möglichst wenig 
beschädigen. Ein besonders deutliches Beispiel hierfür ist der Teltowkanal, für den der 
elektrische Schleppzug vom Ufer gerade deshalb gewählt worden ist, weil man die grö- 
ßeren Bau- und Unterhaltungskosten ersparen wollte, die bei Zulassung des allgemeinen 
Verkehrs mit Schlepp- und Güterdampfern erforderlich gewesen wären; durch A#lus- 
schließung dieses Verkehrs werden die Beschädigungen vermieden, die an der Sohle 
eines Kanals durch die von den Schraubenbewegungen ausgehenden Wasserwirbel ent- 
stehen. Die Frage der sparsamen Verwendung des Speisungswassers hat namentlich 
bei dem Schleppmonopol auf dem Elbe-Travekanal eine Rolle gespielt. 
  
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