VII. Buch. Wasserstraßen und Binnenschiffahrt. 77
lichkeiten durch fortgesetzte Verbilligung der Wasserfrachten verwirklicht hätten. Die Ver-
billigung der Frachten war hauptsächlich bedingt durch 3 Momente, nämlich durch Ver-
wendung größerer Schiffe, durch Erbauung stärkerer Schlepper und durch Beschleunigung
des Umlaufes der Fahrzeuge oder mit anderen Worten, durch Vermehrung der jährlichen
Fahrten.
Oie Herstellung größerer Schiffe und Schlepper war mehr oder weniger abhängig
von der VBertiefung, vielfach auch von der Begradigung und Bezeichnung der Fahr-
rinne. Die größeren Schiffe fahren billiger wie die lleineren, weil sie im Verhältnis
zur Leistungsfähigkeit geringere Anschaffungs- und Betriebskosten haben. Ein 1000 t-
Schiff kostet weniger als zwei 500 t-Schiffe, und es erfordert nicht mehr Bemannung
als ein Schiff der letzteren Größe; außerdem kostet seine Bewegung weniger Schlepp-
kraft, als wenn die Ladung auf mehrere Fahrzeuge verteilt ist. Ebenso ist ein Schlepper
von 1000 Pferdekräften in der Anschaffung und im Betriebe billiger als zwei zu je
500 Pferdekräften.
Demgemäß ist in der deutschen Binmenflotte seit 25 Jahren die durchschnittliche
Tragfähigkeit der Schiffe sehr gewachsen. Sie betrug im JZahre 1887: 107 t und
1907;: 250 t.
Die deutsche Binnenschiffahrtsstatistik, welche den Bestand der Fahrzeuge in fünf-
jährigen Zeitabschnitten darstellt, liegt für das Jahr 1912 in ihren Ergebnissen noch nicht
vor. Immerhin sind für einige Vergleichungen die erforderlichen Unterlagen auch hin-
sichtlich des JLahres 1912 vorhanden.
Auf dem Rhein hatte der größte Schleppkahn 1887 eine Tragfähigkeit von etwas
weniger als 1200 und 1912 von 3500 t, während die Leistungsfähigkeit der stärksten
Schleppdampfer gleichzeitig von 1500 auf 2200 Pferdekräfte gestiegen ist.
Die entsprechenden Zahlen sind für die Weser und Elbe:
Weser Elbe
1887 1912 1887 1912
Schleppkähne etwa 400 0 750 t Schleppkähne etwa 600 t 1400 t
Dampfer „ 300 Pfkr. 500 Pfkr. Dampfer „ 600 Pfkr. 1500 Pffkr.
In der Elbschiffahrt kam das Streben der Schiffseigner nach Erbauung größerer
Fahrzeuge schließlich mit den allgemeinen Berkehreinteressen insofern in Widerstreit,
als durch diese Schiffe die Gefahr einer Versperrung des verhältnismäßig schmalen Fahr-
wassers so gesteigert wurde, daß die deutschen Elbuferstaaten sich mit Österreich über
ein Verbot des Neubaus von Schiffen über 1000 t verständigten.
Die Selbstkoften der Schleppkraft wurden, abgesehen von der Erbauung größerer
Schiffe und Maschinen, auch durch technische Verbesserungen der letzteren, insbesondere
in bezug auf Ersparung an Heizstoffen und durch Anwendung des überhitzten Dampfes,
wesentlich herabgedrückt.
Zn derselben Richtung wirkte endlich die Bermehrung der Zahl der Schiffesreisen,
also die stärkere Ausnutzung des schwimmenden Materials der Reedereien, da der auf
die einzelne Fahrt entfallende Anteil an der Kapitalverzinsung, Tilgung, Mannschafts-
949