Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
34 Die evangelische Kirche und Theologie. VIII. Buch. 
der Gegenwart behaupten zu können, die Sonthese von Wissenschaftlichkeit und 
Kirchlichkeit, von Reformation und modernem Leben. Aiemand, der diese Arbeit 
und ihre hervorragenden Resultate auf allen Gebieten der Theologie mit dem Blick der Ge- 
rechtigkeit verfolgt, wird leugnen können, daß sie vollen Ernst mit den wissenschaftlichen 
Methoden der Gegenwart machen. Bücher, wie — um nur wenige und die allerneuesten 
„positiven“ Erscheinungen zu nennen — Seebergs neue Dogmengeschichte, Feines 
Neutestamentliche Theologie, Sellins Alttestamentliche Einleitung, Jordans Altchrift- 
liche Literaturgeschichte, Heims Gewißbeitsproblem sind vollwertige wissenschaftliche 
Leistungen, welche die Ebenbürtigkeit der modernen kirchlichen Theologie bezeugen. In 
allen diesen Werken kommt die historische Methode zu ihrem vollen Recht. Und doch 
erliegt hier nicht die altgläubige Grundposition dem Historismus. 
Neue dogmatische Ansätze n zirmie geb uihsrehgem wneen srehichen 
.. ogmatiker dem wissenscha en Zuge der Zei 
auf der kichlichen Seite. zi##. Auf allen Gebieten der spstematischen Theo- 
logie haben sie sich mit dem Historismus und überhaupt mit der modernen Wissenschaft 
kritisch auseinandergesetzt. In diesen Arbeiten kommen durchweg hüben genau so wie 
drüben die neuen spstematischen Methoden zur Anwendung. Erkenntnistheorie und 
Psychologie stehen augenblicklich im Vordergrund. Die fruchtbarsten Ergebnisse der 
Philosophen werden in Anknüpfung an Kant, Schleiermacher, Hegel, überhaupt den 
deutschen Zdealismus und seine gegenwärtige Wiederbelebung zur Begründung des 
eigenen Standpunktes verwertet. Die Religionsphilosophie kommt durchaus auch hier 
zu ihrem Recht. Die Probleme und problematische Lage werden in der ganzen Schwere 
empfunden. Mit der oberflächlichen Apologetik von früher ist es vorbei. Das ernsteste 
Streben geht nach einer um jeden Preie für die wissenschaftlichen Denkweise einwand- 
freien Position. Man will nicht mehr kritiklos anerkennen und übernehmen, das 
kritische Moment überwiegt einstweilen noch. Es geht ähnlich wie bei den neu- 
protestantischen Religionsphilosophen. Biel Methodisches und Programmatisches, noch 
wenig Positives. Und doch behaupten sich in dieser kritischen Selbstbesinnung die 
positiven Werte des alten Glaubens. Sie ringen sich los von veralteten theologischen 
Formen und drängen zu einem neuen noch im Werden begriffenen Ausdruck. 
Daß diese Arbeit von denen, die zwischen Theologie und Glauben noch immer 
nicht zu unterscheiden wissen — sie sind auf beiden Seiten zu finden — als Halbheit 
oder noch Schlimmeres gescholten wird, darf ehrliche Arbeiter nicht bekümmern. Es ist 
auch selbstverständlich, daß es nicht ohne Reduktionen abgeht, und daß bei dem Umgießen 
der alten Weine in neue Schläuche etwas verschüttet wird. 
  
  
Her entscheidende Punkt in der Stellung So liest es also — und alles 
u der neuen Schule kommt darauf an, die theologische 
. ] Lage der Gegenwart an diesem 
Punkte zu erfassen —, daß ein prinzipieller Gegensatz zwischen der modernen 
kirchlichen und der neuprotestantischen Theologie nicht hinsichtlich der in der Theologie 
  
  
1002
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.