Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
64 Oie katholische Kirche. VIII. Buch. 
  
glieder des preußischen Herrenhauses Gelegenheit, bei Beratung kirchlicher Fragen mit- 
zusprechen. Wenn der Kaiser bei festlichen Anlässen den Bischöfen seine wohlwollende 
Anteilnahme durch Elückwünsche und Auszeichnungen kundgab, so verfehlte er auch 
nicht, bei Todesfällen sein Beileid auszudrücken. 
Kirchl. Stiftungen des Kaisers. Wie für Zwecke der Seelsorge mit Mitteln nicht 
gegeizt wurde, so haben auch Kirchenbauten, 
soweit sie nicht den Gaben der Eläubigen ihre Entstehung verdankten, sich viel- 
facher Subvention zu erfreuen gehabt. Der Kaiser selbst ging mit leuchtendem Beispiel 
voran. Ein Werk edelster Gotik hatte das Reich in der herrlichen Kathedrale von Metz 
erhalten. Ihr großartiges, stilgerechtes Portal wäre ein Denkmal von Wilhelms IEl. 
Liberalität und Kunstsinn, selbst wenn das Prophetenantlitz an demselben nicht seine 
Züge trüge. Das von demselben fürstlichen Stifter dem Dome zu Münster geschenkte 
Glasgemälde stellt Karls d. Gr. und Leos III. freundschaftliche Beziehungen — in dem 
Besuche von Paderborn — dar, ein sinniges Geschenk des Kaisers, dessen gutes Einver- 
nehmen mit Leo XllI. die deutschen Katholiken mit so dankbarer Freude erfüllte. Wie- 
derum erschien das Oberhaupt des neuen Reiches als Erbe der Kaiserherrlichkeit Karls 
d. Gr. bei dem feierlichen Einzug in der alten Krönungsstadt Aachen, und in der hoch- 
berzigen Stiftung einer Kanzel für deren ehrwürdiges Münster. Und wenn 
Barbarossas Sinn nach dem Heiligen Lande stand, „wo um Heil das Schwert geworben, 
Suchend des Erlösers Spur“, so pilgerte auch der edle Romantiker auf dem neuen Kaiser- 
throne nach Palästinas Strand und gab, tief ergriffen von der Heiligkeit dieser denk- 
würdigen Stätten, der Welt das Schauspiel eines lauten und freudigen Bekenntnisses zum 
Erlöser. Auch diese Gelegenheit sollte nicht vorübergehen, ohne daß der kaiserliche Pilger 
seine Untertanen katholischen wie evangelischen Bekenntnisses mit wahrhaft fürstlichen 
Geschenken überraschte. Die Stätte, an welche die Uberlieferung den Heimgang der Mutter 
des Herrn knüpfte, daher Dormitio beatae Mariae virginis genannt, und die der Kaiser 
vom Sultan erworben hatte, ward den deutschen Katholiken zu freier Nutznießung über- 
geben und damit eine längst gehegte Sehnsucht des Deutschen Vereins vom Heiligen 
Lande nach einer Stätte am Berge Sion erfüllt. Leo XlII., welchen der Kaiser sofort 
von dem Geschehenen telegraphisch benachrichtigte, sandte seine erfreuten Glückwünsche, 
der deutsche Episkopat dankte durch eine glänzende Kundgebung, ein Sturm der Begei- 
sterung ging durch die Reihen der deutschen Katholiken. Bei der Einweihung der auf 
der geschenkten Stätte erbauten Kirche war Prinz Eitel Friedrich mit Gemahlin im Auf- 
trage des kaiserlichen Baters anwesend, und dieser telegraphierte „daß, während man 
hier auf dem Olberge und auf dem Sion die Gottesdienste feierte, die herrlichen Glocken 
der schönen katholischen und der schönen evangelischen Kirche in Homburg ihre Klänge 
vereint zum Lobe des Herrn ertönen ließen“. Wann hat ein protestantischer Herrscher 
solches für seine katholischen Untertanen getan? 
  
Mit der Kaiserreise nach Palästina und 
Protektorat im Orient. Missionen. 4 . 
den dortigen Stiftungen war zugleich 
  
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