82 Die kathollsche Kirche. VIll. Buch.
einigen romanischen Bölker in einem beklagenswerten Grade verfallen sind. Was erreicht
werden soll und kann, das ist der Glaube an die Vernünftigkeit auch eines anderen Stand-
punktes, wodurch die Möglichkeit eines friedlichen Nebeneinanderwirkens geschaffen wird.
Dieses Ziel wird am sichersten erreicht durch die Weitherzigkeit und Selbstverleug-
nung, mit welcher unser Kaiser sich in die Anschauungen der Katholiken hineinzuleben
bestrebt ist, aus welchem Bemühen heraus er alle die Beweise von Wohlwollen und
Entgegenkommen gab, durch die er die Herzen seiner katholischen Untertanen für immer
sich gewonnen hat. Als diesem Bestreben heraus gelang es ihm auch, die rechten Männer
zu finden, die in seinem Geiste arbeiteten und seine Zdeen verwirklichen halfen. Was der
eine unvergeßliche Althoff in dieser Richtung geleistet hat, wird eine spätere Generation
bewundernd und dankbar rühmen, wenn einige mehr persönliche Gegensätze, die seine
allgemeine Anerkennung zu Lebzeiten hinderten, vergessen sein werden.
Ee ist nicht lauter Erfreuliches gewesen, was uns auf unserem Rundgange begegnete;
aber immerhin war auch viel Erfreuliches zu konstatieren. Und was mehr ist: es zeigte
sich im Bergleich zu früheren Zuständen, die zur Hllustration und zum Verständnis
der gegenwärtigen heranzuziehen waren, ein zweifelloser, mit Genugtuung erfüllender
Fortschritt. Das Erfreulichste aber sind die zahlreichen Keime künftiger Entwickelung,
die wir wahrnehmen durften, und die uns einen frohen Ausblick in eine schöne Zukunft
eröffnen. Wenn eine Znstitution im Deutschen Reiche Grund hat, Sr. Maoajestät dankbar
zu sein, so ist es die katholische Kirche, der unter seiner Regierung die Sonne kaiserlicher
Huld so warm geschienen und eine freudige Mitwirkung zur Lösung der nationalen Auf-
gaben ermöglicht hat; wenn eine Institution Grund hat, von unserem Kaiser noch Großes
zu hoffen, so ist wiederum sie es, die nach dem bisher erfahrenen Wohlwollen die Ver-
heißung Sr. Majestät, das deutsche Volk noch herrlichen Tagen entgegenzuführen, auf
ferneren wirksamen Schutz zur vollen Entfaltung aller ihrer reichen Kräfte deuten darf.
ODer Herrscher, der im ersten Vierteljahrhundert seiner Regierung jene Verheißung gerade
auf kirchlichem Gebiete schon in mancher Hinsicht wahr gemacht hat, bietet durch seinen
trotz allen bitteren Erfahrungen unverwüstlichen Optimismus die Garantie, daß er in
einem weiteren Bierteljahrhundert, das ihm nach menschlichem Ermessen sicher beschie-
den sein dürfte, die Segnungen ungehemmter religiöser Betätigung und dauerhaften
religiösen Friedens unserm Vaterlande in immer reicherem Maße vermitteln werde.
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