Die Universitäten
Von Geh. NReg.-Nat Prof. Dr. Hillebrandt, M. d. H., Breslau
Allgemeines.
Wenn es möglich wäre, in einer Unterrichtsausstellung statt einer Sammlung von
darstellenden Werken Zeichnungen und Modellen lediglich den Band des preußischen
Unterrichtsetats niederzulegen und dem Besucher seine Zahlen nachhaltig einzuprägen,
so würde auch der lebhafteste Gegner Preußens nachdenklich werden. Er würde sich von
der Tatsache überzeugen, daß dieses Land, dessen Reichtum Fleiß und Tattkraft seiner
Bewohner unter Fürsorge weitblickender Fürsten bilden, in seinem Aufwand für alle
Zweige von Unterricht, Kunst und Wissenschaft und ihre organisatorische Gestaltung
binter keiner anderen Kulturnation zurücksteht, ja er würde vielleicht zugeben, daß es sie
in mehr als in einer Hinsicht überflügelt hat. Sevin hebt in seinem Buch über Deutsch-
lands Kulturausgaben an der Hand von Zahlen hervor, daß das Bild der Organisation
des deutschen Bilbungswesens eines seiner wesentlichsten Züge entbehren würde, wenn
wir nicht der größten Kulturtat gedächten, die Preußen in Deutschland voll-
bracht hat.
Als am 18. ZJuni 1915 die Rektoren der deutschen Universitäten sich in Berlin
versammelten, um an den Stufen des Kaiserthrones ihre Glückwünsche darzubringen,
erfüllten sie eine Pflicht der Dankbarkeit. IZm Geist standen hinter ihnen die Lehrer
der deutschen Hochschulen, sonst so verschieden in ihrem Denken und Wirken, an
dem Tage aber einig in dem freudigen Rückblick auf eine fünfundzwanzigjährige glück-
liche Zeit.
Universität und Nation. Die Universitäten führen kein Sonderleben außer-
halb ihrer Nation; sie sind durch den gleichen Puls-
schlag von Freud und Leid mit ihr verdunden, und in den Tagen des Ernstes wie
des Glückes ist die Nation gewöhnt, sie an ihrer Spitze zu sehen. Der Geist
der Nation rinnt durch ihre Herzen, empfängt seine Vertiefung und Formung in
den Hörsälen und in den Werken der Dozenten; wie sollten die Glockentöne eines deutschen
Zubeltages nicht in den Mauern der Universitäten ein freudiges Echo finden! Sie werden
bei der Unabhängigkeit ihrer Lehrer und ihrer Schüler vielleicht weniger erfaßt von dem
leichten Wellenschlage des täglichen Lebens und Meinens, aber um so tiefer von dem,
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