Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
VII. Buch. Eisenbahnen, Straßen- und Luftverkehr, Post und Telegraph. 17 
  
Personenverkehr so haben sich auch im Güterverkehr die Tarife fortgesetzt ermäßigt. 
Eine stattliche Zahl von Güterarten ist in den letzten 25 Zahren aus höheren Tarifklassen 
in niedere eingereiht, zahlreiche billige Ausnahmetarife sind neu geschaffen worden. 
Die deutsche Tarifpolitik suchte der Industrie den Bezug der notwendigen Noh- 
stoffe und Brennmaterialien zu erleichtern, die Ausfuhr ihrer Fabrikate zu fördern und 
bierbei auch den Wettbewerb der deutschen Schiffahrt zu stärken, der Landwirtschaft 
Düngemittel und Saatgut unter günstigen Bedingungen zuzuführen, den Lebens- 
mittelverkehr zu verbilligen. Durch niedrige Frachten erlangte das geringwertige Massen- 
gut in immer weiterem Umfange die Transportfähigkeit. Ein erst im vorigen Zahre 
eingeführter preußischer Ausnahmetarif für Erze vom Siegerland nach den oberschlesischen 
Hochofenstationen übertrifft mit einem Satz von 0,9 Pfennig für das Tonnen-km, wobei 
eine Abfertigungsgebühr überhaupt nicht zur Erhebung gelangt, alle bisher auf deutschen 
Eisenbahnen gewährten Ermäßigungen und geht sogar unter die Schiffsfrachten auf 
leistungsfähigen künstlichen Wasserstraßen herab. Um die großen Entfernungen minder 
schwer ins Gewicht fallen zu lassen, wurde mehrfach, so bei dem neuen Stückgut- und 
bei dem Nohstofftarif, von dem Soystem der Staffelung Gebrauch gemacht. 
2. Ladefähigkeit der Güterwagen. Durch die Vergrößerung der Ladefähig- 
keit der Güterwagen wurde die Wirt- 
schaftlichkeit der Güterbeförderung erhöht. Der 5t-Wagen der ersten Eisenbahnen ist 
in Deutschland, zum Unterschied von dem Vorgang der englischen Bahnen, schon sehr 
bald durch den 10 t-Wagen ersetzt worden. Heute besitzt der deutsche Normalgüterwagen 
eine Ladefähigkeit von 15 t, und bereits ist mit der Beschaffung von 20 -Wagen in er- 
heblichem Umfange begonnen worden. 
Für den Verkehr ergeben sich aus der allmählichen Abnahme des Bestandes an 
10 t-Wagen mancherlei Unbequemlichkeiten. Trotzdem haben die deutschen Landeseisen- 
babnräte das Vorgehen der Eisenbahnverwaltungen verständnisvoll gebilligt. In den 
Vereinigten Staaten von Nordamerika besitzt der Normalwagen eine Ladefähigkeit von 
30—40 t, und bierin liegt einer der Gründe dafür, daß der Durchschnittspreis der ameri- 
kanischen Frachten fast um die Hälfte niedriger ist als in Europa. Ze größer das Lade- 
gewicht, desto geringer ist das tote Gewicht, das im Durchschnitt mit der gleichen Menge 
Sut befördert werden muß. Auf der Steigerung der einheitlichen Massenleistung be- 
ruht im Eisenbahngroßbetrieb eine der wichtigsten Voraussetzungen für den wirtschaft- 
lichen Fortschritt. Die deutschen Verwaltungen haben wiederholt für die volle Ausnützung 
großer Wagen tarifarische Vorteile gewährt. Der Weg, den die deutsche Tarifpolitik 
damit eingeschlagen hat, kann im Zusammenhang mit der fortschreitenden Vergrößerung 
der Wagengefäße für die weitere Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Gütertransports 
von großer Bedeutung werden. 
  
Mannigfache Verbesserungen sind auch auf dem 
Gebiete des Güterbeförderungs-, Abfertigungs- 
und Abrechnungsdienstes erzielt worden. In den Zahren 1904/5 wurde ein verein- 
5. Sonstige Verbesserungen. 
  
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