Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Dritter Band. (3)

  
VII. Buch. Eisenbahnen, Straßen- und Luftverkehr, Post und Telegraph. 19 
die Überführung der großen Privatbahnunternehmungen in den Staatsbetrieb zu 
erleichtern. Den Direktionen wurden zur besseren Beherrschung der örtlichen 
Verhältnisse besondere Behörden, die Eisenbahnbetriebsämter, untergeordnet. Damit 
war ein Verwaltungsapparat von drei für den ganzen Dienst ausgebildeten Instanzen 
— Ministerium, Direktionen und Betriebsämter — gegeben, der ein umfängliches 
Schreibwerk veranlaßte und die Erledigung der Geschäfte verteuerte und verzögerte. 
Als im Jahre 1890 Minister von Thielen die Leitung des Ministeriums der öffentlichen 
Arbeiten übernommen hatte, setzte er eine Kommission sachverständiger Männer ein, 
die mit der Aufgabe betraut wurde, die vorbereitenden Arbeiten für eine Neuordnung 
der Verwaltung durchzuführen. 
Die Neuordnung trat mit dem 1. April 1895 ins Leben. Die Betriebsämter wurden 
beseitigt, die Zahl der Direktionen wurde von 11 auf 20 erhöht, den Direktionen wurden 
als Organe für die örtliche Dienstaufsicht Inspektionen unterstellt, von denen jebe nur 
einen bestimmten Oienstzweig (Betrieb, Verkehr, Maschinen- und Werkstättewesen) zu 
verwalten hat. Die Organisation wurde im Jahre 1907 durch die Schaffung eines den 
Eisenbahndirektionen gleichgeordneten Eisenbahnzentralamts ergänzt. · 
DerEtfolgdetAeuordnungdesJahtes1895watglänzend.DasimBetwaltungss 
dienst beschäftigte Beamtenheer konnte sofort um über 3000 Arbeitskräfte vermindert 
werden. Der Verwaltungereform folgte eine Zeit unvergleichlicher Entwicklung der 
Staatseisenbahnen, ein Ausschwung, wie ihn kaum je ein Eisenbahnunternehmen er- 
lebt hat. 
Oie preußische Neuordnung ist in vieler Beziehung für die sächsische Neuordnung 
vom Jahre 1899 und insbesondere für die Neuordnung der baperischen Staatseisenbahnen 
vom Zahre 1907 vorbildlich geworden. 
In Bayern wurde die Generaldirektion der Staatseisenbahnen durch fünf Eisen- 
bahndirektionen und eine Anzahl zentraler Amter ersetzt. Den Eisenbahndirektionen 
wurden gleichfalls Inspektionen für die Hauptzweige des örtlichen Oienstes unterge- 
ordnet. Infolge der Neuordnung konnten 1100 Arbeitskräfte aus dem Verwaltungs- 
dienst gezogen werden. Aluch sonst hat die bayerische Verwaltungsreform die in sie ge- 
setzten Erwartungen erfüllt. 
Personalverwaltung “ mre “ 33# * dier 
eutschen Eisenbahnen be igt. Von der gle 
und Wohlkahrtspflege. und Dienstfreudigkeit dieses Angestelltenheeres hängt 
bie geordnete Abwicklung des Eisenbahnverkehrs ab, der heute die Grundlage eines ge- 
regelten Verlaufes unseres ganzen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens bildet. 
Die Eisenbahnpolitik ist vor die Entscheidung der Frage gestellt: Soll das Verhält- 
nis zwischen Verwaltung und Personal durch privatrechtlichen, jederzeit frei lösbaren 
Dienstvertrag geregelt oder soll es durch das festere Band der dauernden Amtsübertra- 
gung geknüpft und da, wo der Staat Eisenbahnunternehmer ist, mit allen Garantien des 
öffentlichen Beamtenrechtes umgeben werden? 
Bei den meisten außerdeutschen Ländern ist das Dienstverhältnis zwischen der Eisen- 
  
  
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