X. Buch. Philosophie. 13
aus dem Nietzscheschen Theorem über den Willen. Zener erwuchs in der Restaurations-
zeit, die viele Hoffnungen unerfüllt, viele unüberwindlichen Widerstände einem taten-
dburstigen Geschlecht entgegenstarren ließ, dieser in der Zeit nach der Gründung des Reiches,
unter dem überwältigenden Eindruck eines Werdens und Gelingens auf allen Gebieten.
Richtung auf Absolutes. In allen diesen bisher geschilderten Bestrebungen
zeigt sich der einzelwissenschaftliche Geist in der
Philosophie unserer Tage wirksam. Sie ist dadurch eine Wissenschaft neben anderen
geworden und wird als solche wieder mit Achtung von den Schwestern behandelt.
Aber der neue Sinn, das lebhafte, persönliche Interesse, das besonders in unserer
hochgestimmten Jugend wieder für die Philosophie erwacht ist, gehört nicht der
einzelwissenschaftlich sich gebenden und begründenden, nicht der relativistischen und
biologischen Philosophie, ja selbst nicht einmal mehr den Träumen von der Welt als
Wille und von der ewigen Wiederkehr des GEleichen, sondern der echten, angestammten,
auf Absolutes gerichteten Philosophie, und es sind mannigfache Wege, die heute ein-
geschlagen werden, um wieder zu ihr zu gelangen.
Wiederbelebung der t Tocte nnn Fe##ner Se nen an
er nachkan en osophie eines e,
nachkantischen Philosophle. Schelling und Hegel zu eröffnen. Solches Zurück-
greifen auf die romantische Vergangenheit hat uns einen Neuhegelianismus beschert, nach-
dem bereits Eduard von Hartmann eine Syntbese von Schopenhauer, Schelling und Hegel
vollzogen hatte. So erfreulich es ist, daß dem großen Denker nach 100 Jahren wieder
der Lorbeer gereicht wird, den ihm eine verständnislose Nachwelt vom Haupte gerissen
hatte, so sehr muß bezweifelt werden, daß ein über Probleme, ISdeen und Aufgaben
hinausgehender Anschluß an ihn unserer Zeit die Phpilosophie schenken wird, deren sie
bedarf. Offenbare Mängel in der Ausführung der großen Ideen verhindern eine engere
Rückbeziehung auf Hegel. Oie dialektische Methode der Selbstbewegung der Begriffe,
der Selbstentfaltung des Absoluten, war schon den Zeitgenossen anstößig gewesen und
artete bei den Nachfolgern in ein ödes und trockenes Schematisieren aus. Sie wird auch
von den Hegelianern zumeist preisgegeben. Von Hegel selbst haben wir ja gelernt,
daß die Philosophie der Auesdruck und der Nechenschaftsbericht eines Zeitalters ist. Richt
eine literarische Angelegenheit, eine Tradition der Bücher und Spyfsteme, nicht ein un-
selbständiges Nepetieren früherer Sedanken und Lehren kann und darf sie hiernach sein,
sondern das Ergebnis der Kultur ihrer Zeit in Wissenschaft und Kunst, Sittlichkeit und
Keligion, Wirtschaft und Recht, Lebens- und Weltanschauung. Und nicht in einer einzelnen
philosophischen Richtung und Bewegung, sondern in der entwickelten Totalität aller
hatte man nach Hegel die absolute Philosophie zu suchen.
Fntuitive Philosophie. Es fehlt unserer Zeit wahrlich nicht an diesen aus ihr
selbst herausgeborenen Tendenzen auf Absolutes. Da
ist zunächst die immer mehr erstarkende intuitive BPhilosophie, die eine besondere
1157