VII. Buch. Wasserstraßen und Binmenschiffahrt. 63
B. Schiffahrtsverbindungen zwischen Nord- und Ostseegebiet.
Kaiser-Wilhelm-Kanal. Die für das rheinische Wasserstraßennetz bestehenden
Pläne, dem Hauptstrom neben seiner natürlichen eine
zweite und vielleicht auch eine dritte künstliche Mündung ins Meer durch Erbauung
leistungsfähiger Großschiffahrtswege zu geben, ist für das Elbgebiet schon verwirklicht
worden, und zwar zuerst durch den 1895 eröffneten, in erster Reihe der Seeschiffahrt
dienenden und hauptsächlich im strategischen Interesse der deutschen Flotte erbauten,
daneben aber auch der Binnenschiffahrt nützlichen, von Brunsbüttel an der Unterelbe
nach Holtenau bei Kiel führenden Kaiser-Wilhelm-Kanal. Er ist 98 km lang und wurde
zunächst mit 9 m Tiefe, 22 m Sohlenbreite und 64 m Wasserspiegelbreite ausgeführt;
durch den 1907 begonnenen Erweiterungsbau wird seine Tiefe auf 11, seine Breite in
der Sohle auf 44 und im Wasserspiegel auf 105 m vermehrt.
An den beiden Endpunkten wird er durch je zwei Schleusen abgeschlossen, von
welchen die größeren 330 m Länge und 45 m Breite haben. Die Gesamtbaukosten
werden sich auf 379 Millionen belaufen, wovon 156 durch Reichsgesetz vom 16. März
1886 und 223 Millionen durch die Reichs-Etats bewilligt wurden, während 50 Mill. M.
von Preußen — für den ersten Ausbau — beigesteuert worden sind.
Elb-Cravekanal. Um ihrem Seehandel das Elbgebiet als Hinterland zu erhalten
und in höherem Maße nutzbar zu machen, sah die Freie und Hanse-
stadt Lübeck sich im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts genötigt, den aus
dem 14. Jahrhundert stammenden, für neuzeitliche Verkehrsansprüche völlig unzu-
reichenden Steckenitzkanal durch einen für große Elbkähne fahrbaren Schiffahrtsweg nach
Lauenburg a. Elbe zu ersetzen. Diese, im Gegensatz zum Kaiser-Wilhelm-Kanal nur für
Binnenfahrzeuge benutzbare, 67 km lange Wasserstraße erforderte einen Kostenaufwand
von 23,4 Millionen M., wozu Preußen auf Grund eines Staatsvertrages vom 4. Juli
1893 den Anteil von 7,5 Millionen beisteuerte.
Märkische Wasserstraßen. In dem verhältnismäßig sehr engmaschigen Netze
von Wasserstraßen zwischen Elbe und Oder wurden
zunächst die Hauptlinien, welche die beiden Ströme miteinander und mit dem
Zentralpunkte Berlin verbinden, in großem Maßstabe verbessert. Die Nordwestlinie
zwischen Berlin und Havelmündung — die Verkehrsstraße mit Hamburg — wurde
durch Herstellung von Schleppzugschleusen, durch Erbauung neuer Stauanlagen
in der Havel und Spree, durch Vertiefung und Begradigung beider Flüsse, durch Aus-
bau einer dem Silokanal bei Brandenburg folgenden Abkürzungelinie und durch Er-
weiterung des Sakrow-Paretzerkanals auf einen weit höheren Grad der Leistungsfähig-
keit gebracht und für 600 t-Schiffe eingerichtet; die Mittel hierfür wurden teils durch
den Etat, teils durch Kreditgesetze vom 6. Juni 1888 und 4. August 1904 zur Verfü-
gung gestellt.
In ähnlicher Weise ist die Nordostlinie Berlin-Stettin dadurch verbessert worden,
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