Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
262 Die soziale Medizin und soziale Hygiene. X. Buch. 
  
gaben für ärztliche Hilfe geführt, wodurch ein klarer Uberblick erschwert wird. Weiterhin 
werden die Kosten der Kasse auch dadurch erhöht, daß die Ansprüche der Kassenmitglieder 
gewachsen sind. 
Aber auch unter Berücksichtigung dieser Momente muß betont werden, daß nicht 
alle Arzte den Interessen der Kasse genügend Rechnung tragen und einzelne, besonders 
jüngere, in Unkenntnis der Krankenkasseneinrichtungen in der Verordnung von Medi- 
kamenten und Stärkungsmitteln für ihre Patienten über das zulässige Maß hinausgingen. 
Ze mehr aber die Vorstände der Krankenkassen und die Vertragskommissionen zu gemein- 
schaftlicher Arbeit und unter Würdigung der verschiedenen Znteressen zusammenarbeiten, 
um so günstiger gestalten sich die Verhältnisse. Es ist zu hoffen, daß die gesetzlichen Be- 
stimmungen der 8V. über die Beziehungen zwischen Arzten und Krankenkassen einen 
gangbaren Weg zum Auszgleich der Gegensätze ermöglichen. 
Von besonderer Wichtigkeit ist aber, daß die Krankenkassen auch Mittel zur Krank- 
heitsverhütung aufwenden können. Hier bietet sich den Kassenvorständen und Arzten 
ein neues Feld erfolgreichen Zusammenarbeitens. 
Auch die Unfallversicherung brachte den Arzten teils durch Ausgestaltung des Heil- 
verfahrens, teils durch die erforderlichen Begutachtungen Berletzter viele neue Aufgaben. 
Insbesondere die Frage nach den ursächlichen Beziehungen zwischen Erkrankungen und 
Unfällen, die Frage der Vortäuschung entschädigungspflichtiger Verletzungen, beschäftigte 
und beschäftigt die Arzte und Volkswirte noch heute in hervorragendem Maße. In der 
Invaliden- und Hinterbliebenenversicherung stellte die Beurteilung der reichsgesetzlichen 
Invalidität, sowie der Zweckmäßigkeit des Heilverfahrens nicht minder schwierige An- 
forderungen an das ärztliche Wissen. Das gleiche gilt bei ärztlicher Inanspruchnahme 
durch die Oberversicherungsämter und das Reichsversicherungsamt. Ahnliche Aufgaben 
wird auch das Versicherungsgesetz für Angestellte den Arzten bringen. 
Oie Gestaltung der ärztlichen Pflichten und Rechte. 
Der durch eine Prüfung approbierte Arzt hat 
ieni Bestreb 
99gienische Bestrebungen. zunächst den Charakter einer dem Staat zu Diensten 
verpflichteten Medizinalperson, indem ihm die Feststellung, Anzeige und Prophylaxe 
gemeingefährlicher und ansteckender Krankheiten in Verbindung mit den Medizinal- 
behörden, und bei dem Fehlen anderer Verpflichteten die Anzeige von Geburten 
obliegt. Außerdem übt er eine gewinnbringende Beschäftigung aus. Oie eigen- 
tümliche Stellung des Arztes, welche ihm die Einsicht in die Lebens- und Krankheits- 
verhältnisse der einzelnen wie ganzer Klassen der Bevölkerung gestattet, welche ihm 
die Schädigungen auf vielen Gebieten des Lebens zuerst vor Augen führt, bringt es 
mit sich, daß von seiten einzelner Arzte wie ganzer Verbände zuerst Bestrebungen 
zur Verbesserung unserer hygienischen Verhältnisse ausgingen. Der deutsche Txrzte- 
vereinsbund hat eine große Zahl der Gesetze angeregt, welche zum Segen für unser 
Vaterland geworden sind. Eine große Zahl von Vereinen zur Besserung der hygienischen 
  
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