274 Die soziale Medizin und soziale Hygiene. X. Buch.
Einwohner im Jahre 1904 auf 4,8: 10 000 im Zahre 1911 zurückgegangen, die Sterb-
lichkeit ist von 2,4 : 10 000 im Jahre 1889 auf 0,49 im Jahre 1909 gesunken.
Große Schwierigkeiten bietet naturgemäß die Behandlung der Bazillenträger.
Eine dauernde Absonderung dieser ist unmöglich. Man muß sich also darauf beschränken,
sie und ihre Umgebung auf die bestehende Gefahr aufmerksam zu machen und peinlichste
Reinlichkeit von ihnen zu verlangen. Leider kommt es vor, daß eine bazillentragende
Köchin ein Haus nach dem andern mit Typhus infiziert.
Durch Nahrungsmittel werden noch andere Keime leicht verschleppt, welche typhus-
äahuliche Krankheitsbilder hervorrufen, sowie solche welche auch als Fisch-, Fleisch-,
Wurst- und Austernvergiftung gelegentlich bezeichnet werden. Gegen derartige
Erkrankungen läßt sich nur dadurch ein Schutz gewinnen, daß alle Nahrungemittel
nur in gekochtem Zustand genommen werden. Eine Krankheit, welche ebenfalls
durch Infektion des Magen-Darmkanals hervorgerufen wird, ist die übertragbare
Ruhr (Oypsenterie), welche nicht allein in Friedenszeiten, sondern auch im Kriege
unter den Truppen häufig zu wüten pflegt. Nur die strengste Absonderung der ersten
Kranken und allgemein hygienische Vorsichtsmaßregeln vermögen gegen diese Seuche
zu nützen.
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Behringsches Deilmittel, 60 Hiphtheriebazillus und des Behringschen Heil-
mittels in den letzten Fahrzehnten die Aufmerksamkeit weiter Kreise erregt. Als Schutz-
mittel gegen die Ubertragung kommt an erster Stelle die strenge Absonderung der
Kranken in Betracht; vielleicht auch die von Behring jüngst empfohlene Schutzimpfung.
Aber hier besteht eine ähnliche Schwierigkeit wie beim Unterleibstyphus. Es gibt eine
Anzahl von Menschen, besonders von Kindern, welche Diphtheriebazillen im Rachen
beherbergen ohne krank zu sein. Gelegentlich können diese Träger natürlich erkranken.
Es hat sich deshalb die Notwendigkeit ergeben, bei Ausbruch mehrerer Fälle von
Diphtherie in Schulen, Pensionaten, Internaten, Fabriken alle Personen bakterio-
logisch zu untersuchen, welche mit den Erkrankten in Berührung gekommen sind, oder
zusammen gelebt haben. Auf diese Weise sind vielfach Bazillenträger entdeckt und ist
durch entsprechende Behandlung das Weiterschreiten der Ansteckung unterbrochen
worden.
Gegen Masern erfordert die Hygiene nur dann Maßnahmen, wenn sie in bös-
artiger Form und epidemisch oder in Luftkurorten und Seebädern auftreten. Es kann
dann ebenso die Absonderung, Schulschließung, wie bei Epidemien von Scharlach in
Betracht kommen. Bei letzterer Erkrankung müssen die Geschwister vom Schulbesuch fern-
gehalten werden.
Die übertragbare Genickstarre, früher eine seltenere Erkrankung, hat besonders seit
1905 viele Opfer gefordert. Auch ihre Bekämpfung leidet dadurch, daß viele Menschen
die Erreger der Krankheit in den Nachenorganen beherbergen ohne Krankheitserschei-
nungen darzubieten. Es ist deshalb ein Mitwirken aller Arzte dringend erwünscht, um
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