Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
282 Die soziale Medizin und soziale Hygiene. X. Buch. 
Auch die Klienten der Krankenkassen und selbst die nicht zahlungs- 
fähigen Kranken sollten in viel energischerer Weise der Behandlung 
unterzogen werden, als es seither der Fall ist. Die hieraus entstehenden Kosten werden 
reichlich dadurch aufgewogen, daß spätere schwere Erkrankungen mit Aufhebung 
der Arbeitsfähigkeit aufgehalten werden. Für Kranke, welche sich einer Behandlung 
nicht unterziehen wollen, müßte die Möglichkeit bestehen, sie als Seuchenträger 
der Polizeibehörde anzuzeigen. Die Behandlung der Krankheit durch Kurpfuscher, 
welche so schwere Verschleppungen zur Folge hat, müßte ebenso im allgemeinen In- 
teresse verbotten werden. 
Krankenkassen. 
  
Aufklärung. Weiterhin ist aber eine dauernde Aufklärung der Bevrölkerung am 
Vatz. Ich kenne einen ländlichen Ort, in welchem seit vielen 
Zahren ein Arzt für alle die jungen Männer, welche zum Militärdienst eingezogen und 
den Gefahren größerer Städte ausgesetzt wurden, jährlich einige Vorträge über die 
Gefahren der Syphilis und verwandten Erkrankungen abhielt. Die Erfolge wurden 
als überraschend erfreulich bezeichnet. Auch seitens der Militärbehörde sind derartige 
Belehrungen der Rekruten angeordnet worden. Seitens der deutschen Gesellschaft sind 
auch Nerkblätter und kurzgefaßte Flugschriften zur Belehrung der Bevölkerung aus- 
gegeben worden. Man wird nach den vorliegenden Tabellen annehmen dürfen, daß 
diese Bestrebungen erfolgreich waren. Ich füge zum Schluß eine Tabelle von Blaschko an. 
Häufigkeit der Spphilis und verwandten Erkrankungen am 30. April 1900. 
uUSGSanz Preußen 28:10000 
l ] Berlin 142: 10000 
□8tädte über 100000 E.: 100: 10000 
□—.Städte über 30000 E.: 58:10000 
□ Städte unter 30000 E.: 45:10000 
□ Armee 15:10000 
□ Kleinstädte und Land 7,95:10000 
  
  
Die Bekämpfung des Alkoholismus. 
Der Alkoholismus gehört nächst der Tuberkulose 
und Syphilis zu den gefährlichsten Feinden des 
deutschen Volkes, um so gefährlicher, weil die Art, in welcher er den Menschen ent- 
gegentritt nicht immer abschreckend ist. Wenn man aber berücksichtigt, daß in Deutschland 
im Jahr 250 000 Verurteilungen wegen BVergehen und Verbrechen im Alkoholrausch 
erfolgen (Flade), wenn man die Statistik betrachtet, welche zeigt, daß in Deutsch-- 
land in den Jahren 1898—1901 65 43535 Menschen an Säuferwahnsinn erkrankten.) 
1) Auf 100 Krankheitsfälle kamen an Alkoholismus und Säuferwahnsinn im ganzen Deutschland 14%n 
in der Provinz Westfalen 1,53 % in der Provinz Ostpreußen 2,1 % in der Provinz Hessen-Nassau 0,8 ⅝% 
in der Provinz Westpreußen 2,7%, in der Rheinprovinz 1% in der Provinz Pommern 3,5 %% in 
Hamburg 2%2 in Bayern 0,53%. 
Gefahr des Alkoholismus. 
1426
	        
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