Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. I. Entwicklung, Wissenschaft und Unterrichtswesen. 307 
  
rung und in ihr Dr. Hugo Thdiels gedacht werden, dessen zielbewußtes Wirken und 
Schaffen auf allen Gebieten der Wissenschaft und Prazis außerordentlich anregend war. 
Dabei darf nicht unbetont bleiben, daß jeder tüchtige Theoretiker seinen Weg durch 
die Praxis nehmen muß und sich auch nachher mit ihr in engster Fühlung zu halten hat. 
Wie sehr dieses heute allgemein anerkannt wird, beweisen insbesondere die Sitzungen 
und Versammlungen der Oeutschen Landwirtschafts-Geselschaft, der Gesellschaften zur 
Förderung der deutschen Tierzucht, sowie der deutschen Pflanzenzucht, in denen Prazis 
und Theorie Hand in Hand arbeiten. 
Lehre und Forschung. Die moderne Landwirtschaftswissenschaft hat in 2 Fällen 
bereits Lehre und Forschung getrennt, indem die agri- 
kulturchemischen Versuchsstationen sowie das landwirtschaftliche Kaiser-Wilhelm-Znstitut 
zu Bromberg sich ausschließlich der Forschung im Interesse der Praxis widmen, wenn- 
gleich einzelne Leiter der ersteren gelegentlich auch dozieren. Aber an den höheren 
Landwirtschaftlichen Unterrichtsanstalten ist Lehre und Forschung bis heute noch vereint 
und wird es auch in Zukunft im allgemeinen bleiben müssen. Das liegt im Wesen 
derselben begründet, schließt jedoch nicht aus, daß einmal ein hervorragender Forscher 
von der Lehrverpflichtung entbunden wird, um seine ganze Kraft der Forschung widmen 
zu können. 
Nicht minder wie die landwirtschaftliche Forschung hat nun aber auch die Lehre der 
Landwirtschaftswissenschaft einen hervorragenden Anteil an dem Aufschwung der letz- 
ten 25 Zahre. Und es ist gerade das Verdienst dieser Zeit, sie weiter ausgebaut, vervoll- 
ständigt und in ganz Deutschland in Stadt und Land verbreitet und fundiert zu haben. 
Damit komme ich auf 
das landwirtschaftliche Unterrichtswesen. 
  
Höhere Lehranstalten. Bekanntlich teilen sich die höheren landwirtschaftlichen 
Lehranstalten in Institute, welche den Universitäten oder 
— wie in München — der Technischen Hochschule eingegliedert sind, und in landwirt- 
schaftliche Hochschulen und Akademien. In Preußen sind die letzteren dem Landwirt- 
schaftsministerium unterstellt, während die ersteren dem Ministerium für geistliche und 
Unterrichtsangelegenheiten unterstehen. Diese Verschiedenheit ist mit darauf zurückzu- 
führen, daß Liebig die isoliert gelegenen landwirtschaftlichen Akademien 1861 sehr 
schroff bekämpfte und die Verlegung des höheren landwirtschaftlichen Unterrichts an 
die Universitäten forderte. Als dem in Preußen 1862 durch die Berufung Zulius Kühns 
an die Universität zu Halle und durch die Begründung eines landwirtschaftlichen 
Universitätsinstituts (1863) entsprochen wurde und Kühn mit beispiellosem Erfolge 
das landwirtschaftliche Universitätsstudium inaugurierte, folgte man diesem Vorbilde 
auch an den Universitäten Göttingen (1872), Kiel (1873), Königsberg in Pr. (18760), 
Breslau (1881) und außerhalb Preußens in Zena, Leipzig und Gießen. Dafür gingen 
die meisten isolierten landwirtschaftlichen Akademien ein, und es verblieben nur 
Poppelsdorf im Anschluß an die Universität Bonn, Hohenheim, Weihenstephan, und 
  
1451
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.