Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
X. Buch. · I. Brückenbau. 341 
  
#Auch die Verwendung von bereits bekannten Berech- 
nungsverfahren ist in dem zu besprechenden Zeitraum 
wesentlich vertieft und verbreitert; hier sind zu nennen: 
das Verfahren der Einflußlinien und das Verfahrender Verschiebungspläne. 
Die Einflußlinien stammen schon aus den siebziger Zahren des neunzehnten FJahr- 
hunderts; sie wurden von Winkler und Fränkel unabhängig voneinander gefunden. 
Die Verschiebungspläne, gewöhnlich als Williotsche Verschiebungspläne bezeichnet, sind 
bereits 1887 als Geschwindigkeitspläne von Mohr veröffentlicht; in der Graphischen 
Statik von Müller-Breslau sind sie zu der Lösung verschiedenartiger Aufgaben verwertet. 
Zu der Berichterstattung über die wissenschaftliche Vertiefung des Brückenbaues 
mögen nunmehr noch einige besonders wichtige Bücher genannt werden: Mohr, Ab- 
handlungen aus dem Gebiete der technischen Mechanik, Berlin. 1906. Müller-Breslau, 
Oie graphische Statik der Baukonstruktionen. Müller-Breslau, Die neueren Methoden 
der Festigkeitslehre und der Statik der Baukonstruktionen. 2. Aufl. 1893. 4. Aufl. 1913. 
Vertiefung älterer 
Berechnungsverfahren. 
  
  
2. Die Anstellung planmäßiger Versuche über wissenschaftliche Fragen des 
Brückenbaues. 
Oie vorstehend besprochenen Gesetze werden in mathematische Form gekleidet; das 
ist nötig für Uar#e Berständnis und die Anwendung auf die im praktischen Leben sich dar- 
bietenden Aufgaben. Alber leicht wird die mathematische Seite der Aufgabe überschätzt 
und die Gefahr ist nicht ausgeschlossen, daß der Forscher den Boden unter den Füßen 
verliert. Denn auch hier gilt das Dichterwort: Eng beieinander wohnen die Gedanken, 
doch hart im Naume stoßen sich die Sachen. 
Die Vermittlung zwischen Mathematik und Konstruktion 
bieten die Prüfungsanstalten, sowohl die Materialprüfungs- 
anstalten, wie die Stationen, welche zur Prüfung besonderer Konstruktionen ins Leben 
gerufen sinb. Im abgelaufenen Vierteljahr#undert wurde mehr und mehr Gewicht auf 
die Anstellung von Versuchen gelegt. Sollen solche Versuche Aussicht auf Erfolg haben, 
so müssen sie auf Grund eines wissenschaftlichen Planes angestellt werden, sie bedürfen 
wissenschaftlich geschulter Leiter, sie müssen neben ihrer Hauptaufgabe auf die Heran- 
bildung brauchbaren Nachwuchses bedacht sein. Oiese ich als selbstverständlich ergeben- 
den Anforderungen führten dazu, daß die technischen Hochschulen sich die Schaffung der 
Prüfungsanstalten und die Pflege der ihnen obliegenden Aufgaben nicht aus den Händen 
nehmen lassen konnten. So ist denn heute in Verbindung mit den technischen Hochschulen 
eine stattliche Zahl von Prüfungsanstalten im Betriebe, die teilweise aus älteren An- 
stalten zu größerer Bedeutung erwachsen, teils neuerdings ins Leben gerufen sind. Es 
ist hier nicht unsere Aufgabe, die einzelnen Anstalten, ihre Einrichtungen, besonderen 
Aufgaben, Maschinen u. dergl. zu besprechen; es soll nur ein Uberblick über diese Seite 
des wissenschaftlichen Fortschritts im Brückenbau gegeben werden. 
Die Prüfungsanstalten sind aus kleinen Anfängen zu bedeutender Größe empor- 
Prüfungsanstalten. 
  
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