Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Vierter Band. (4)

  
356 Die technischen Wissenschaften. X. Buch. 
  
Staubecken — darunter die großen Stauseen von Marklissa im Queis und von Mauer 
im Bober — teils überwiegend, teils aueschließlich zum Zweck des Hochwasserschutzes 
angelegt, wobei nach einer Hochflut alsbald wieder eine Entleerung des Schutzraumes 
stattfindet, um denselben zur Aufnahme einer neuen Hochwasserwelle freizumachen. 
Da das erste, durch eine größere Staumauer geschaffene deutsche Staubecken von 
Alfeld, das von Fecht in den Vogesen erbaut wurde, im Jahre 1888 dem Betrieb über- 
geben wurde, reicht der Talsperrenbau in Deutschland nur 25 Jahre zurück. In dieser 
Zeit sind im Deutschen Reiche — meist auf Anregung und nach den Entwürfen Intzes — 
fast ein halbes Hundert Staumauern erbaut worden, so daß Deutschland auf dem Ge- 
biete des Talsperrenbaues heute unter den Ländern Europas die Führung besitzt. Diese 
überwiegend in Preußen gelegene Talsperren bilden mit den noch im Baubefindlichen einen 
Stauraum von rund 620 Millionen chm, der etwa zur Aufspeicherung von 4 Tausendstel 
des mittleren Jahresabflusses aller deutschen Ströme ausreicht. Wenn die Größe des 
geschaffenen Stauraumes somit im Verhältnis zum gesamten Abfluß der deutschen 
Flußspsteme auch noch als bescheiden bezeichnet werden musß, so ist doch der erste wichtige 
Schritt auf dem Wege zum höchsten Ziele einer gesunden Wasserwirtschaft getan, der 
in einer möglichst weitgehenden Ausgleichung des Abflusses der Gewässer zu suchen ist. 
Bleibt es auch der Zukunft noch vorbehalten, den bereits geschaffenen Stauräumen 
viele Tausende von Millionen Kubikmeter hinzuzufügen, so ist doch das Erreichte schon von 
großer Bedeutung für die deutsche Wasserwirtschaft, inbem durch die fertiggestellten Tal- 
sperren wenigstens die schlimmsten Schäden beseitigt und ein großer und nachhaltiger 
Autzen für die verschiedensten Zweige des deutschen Wirtschaftslebens geschaffen 
worden ist. Die Talsperren haben ihren reichen Segen für die verschiedensten Aufgaben 
der Wassernutzung in gleich überzeugender Weise dargetan, wie für einen durchgreifen- 
den Wasserschutz. Sie haben sich als eines der wichtigsten Hilfsmittel zur Hebung der 
gesamten Wasserwirtschaft erwiesen. 
Wie schon aus obiger kurzer Zusammenfassung der 
hauptsächlichsten Bauausführungen auf den ver- 
schiedenen Gebieten des Wasserbaues in Deutschland hervorgeht, waren es vielseitige 
und umfangreiche Aufgaben, die dem deutschen Wasserbauingenieur im letzten 
Bierteljahrhundert gestellt wurden. Bei manchen der genannten Bauausführungen 
konnte auf die bei ähnlichen Arbeiten aus früherer Zeit gesammelten Erfahrungen zu- 
rückgegriffen werden, die nur einer zweckdienlichen Weiterentwicklung und einer durch 
die abweichenden örtlichen Verhältnisse, Hiüfsmittel und Zweckbestimmung bedingte Ab- 
änderung bedurften. Andere aber waren wenigstens für den deutschen Ingenieur 
neu, wie der Talsperrenbau und die Großwasserkraftanlagen, so daß bei ihrer Ver- 
wirklichung auf ausländische Bauausführungen zurückgegriffen werden mußte; noch 
andere endlich — wie die Korrektion der Unterweser und das Schiffshebewerk auf 
Schwimmern bei Henrichenburg — mußten von Grund auf neu ersonnen und in allen 
ihren Einzelheiten technisch selbständig durchgebildet werden. Für diese mannigfaltigen 
Aufgaben bedurfte es theoretisch und praktisch gut durchgebildeter Ingenieure. 
Tätigkeit des Ingenieurs. 
  
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