Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

6 Betrachtungen 
hältniss zwischen dem Umfange seiner Bedürfnisse und der Grösse 
seiner Mittel herzustellen vermag und verpflichtet ist, so ist 
auch die Gesellschaft verbunden und im Stande, durch sittliche 
Mittel die Zahl ihrer Glieder mit ihrer schaffenden Kraft in Gleich- 
gewicht zu erhalten, hier durch Erhöhung der Fruchtbarkeit 
ihrer gewerblichen Thätigkeit, dort durch Mässigung des Fort- 
schrittes der Bevölkerung. 
Die Forderung in der dichter zusammengedrängten ent- 
wickelteren Gesellschaft seinen Platz durch erhöhete Lei- 
stungen zu behaupten, ist an jedes einzelne Glied derselben 
gestellt. Die Natur wird bei einer Häufung derselben Ar- 
beitsleistungen karger; der Werth desselben Dienstes 
sinkt nicht nur durch die Vermehrung des Angebotes, sondern 
auch durch die Vergleichung mit einer höheren Gegenleistung. 
Die Ansprüche aller wachsen dürch den Reiz der reicheren 
und höheren Genüsse, welche die vorgeschrittenere Entwickelung 
der Wirthschaft zur Schau stellt. 
Bleiben die Leistungen des Einzelnen unter dem Maasse dessen, 
was je nach dem jedesmaligen: Zustande der wirthschafllichen 
Entwickelung zur Behauptung einer selbstsländigen Stellung in 
der Gesellschaft gehört, so verschuldet er dadurch nicht nur 
eigenes Elend, sondern hemmt und beschwert auch seine Neben- 
menschen in der Verfolgung ihres Zieles. 
Bei der Ausbeutung des Naturfonds tritt er als Mitbewerber 
auf; der Umfang seiner Bedürfnisse hängt nicht allein von seiner 
Arbeitskraft, sondern auch von der Bildungsstufe ab, welche die 
Gesellschaft bereits erreicht hat. Dieselbe kann sich der An- 
erkennung ihrer solidarischen Verantwortlichkeit niemals ganz 
entziehen. Wenn Mitglieder eines civilisirten Staates in dem 
Schmutze eines Hottentolten und in der dumpfen Trägheit eines 
Eskimo dahin brüten, gereicht dieses mit Recht dem ganzen 
Staat zur Schmach und zum Vorwurf. 
Von dieser Ansicht aus legie sich die ältere Gesellschaft in 
grosser Ausdehnung die Befugniss bei, nach dem jedesmaligen 
Zustand ihrer Entwickelung Anweisungen über das Maass der 
Bildung im weitesten Sinne des Worls zu erlassen, welche jedes 
ihrer Glieder sich angeeignet haben müsse, um Anspruch auf
	        
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