6 Betrachtungen
hältniss zwischen dem Umfange seiner Bedürfnisse und der Grösse
seiner Mittel herzustellen vermag und verpflichtet ist, so ist
auch die Gesellschaft verbunden und im Stande, durch sittliche
Mittel die Zahl ihrer Glieder mit ihrer schaffenden Kraft in Gleich-
gewicht zu erhalten, hier durch Erhöhung der Fruchtbarkeit
ihrer gewerblichen Thätigkeit, dort durch Mässigung des Fort-
schrittes der Bevölkerung.
Die Forderung in der dichter zusammengedrängten ent-
wickelteren Gesellschaft seinen Platz durch erhöhete Lei-
stungen zu behaupten, ist an jedes einzelne Glied derselben
gestellt. Die Natur wird bei einer Häufung derselben Ar-
beitsleistungen karger; der Werth desselben Dienstes
sinkt nicht nur durch die Vermehrung des Angebotes, sondern
auch durch die Vergleichung mit einer höheren Gegenleistung.
Die Ansprüche aller wachsen dürch den Reiz der reicheren
und höheren Genüsse, welche die vorgeschrittenere Entwickelung
der Wirthschaft zur Schau stellt.
Bleiben die Leistungen des Einzelnen unter dem Maasse dessen,
was je nach dem jedesmaligen: Zustande der wirthschafllichen
Entwickelung zur Behauptung einer selbstsländigen Stellung in
der Gesellschaft gehört, so verschuldet er dadurch nicht nur
eigenes Elend, sondern hemmt und beschwert auch seine Neben-
menschen in der Verfolgung ihres Zieles.
Bei der Ausbeutung des Naturfonds tritt er als Mitbewerber
auf; der Umfang seiner Bedürfnisse hängt nicht allein von seiner
Arbeitskraft, sondern auch von der Bildungsstufe ab, welche die
Gesellschaft bereits erreicht hat. Dieselbe kann sich der An-
erkennung ihrer solidarischen Verantwortlichkeit niemals ganz
entziehen. Wenn Mitglieder eines civilisirten Staates in dem
Schmutze eines Hottentolten und in der dumpfen Trägheit eines
Eskimo dahin brüten, gereicht dieses mit Recht dem ganzen
Staat zur Schmach und zum Vorwurf.
Von dieser Ansicht aus legie sich die ältere Gesellschaft in
grosser Ausdehnung die Befugniss bei, nach dem jedesmaligen
Zustand ihrer Entwickelung Anweisungen über das Maass der
Bildung im weitesten Sinne des Worls zu erlassen, welche jedes
ihrer Glieder sich angeeignet haben müsse, um Anspruch auf