vor Aristoteles und Platon. 4129
auch nur annähernd an Inhalt und Werth den von Aristoteles
selbst uns Erhaltenen gleichkommen wird. Wir haben desshalb
nicht angestanden, diese Untersuchungen, obwohl sie sich nur
auf die Angaben des Aristoteles beziehen, selbstständig darzu-
legen. Aber sie sind dennoch im Grunde nur sehr dürfiig. Denn
Aristoteles selbst beschäftigt sich mit einiger Ausführlichkeit allein
mit Platons Republik; und dennoch ist dasjenige, was er darüber
sagt, so karg und im Grunde so einseitig, dass wir durch
Aristoteles allein niemals die Idee Platons verstanden haben würden.
Ist das nun schon bei Platon der Fall, um wie viel mehr wird es
für die übrigen zutreffen! So genau und unparlheiisch überall
Aristoteles bei seinen Angaben über factische Verhältnisse und
Rechtszustände ist, so wenig scheint er uns zuverlässig, und
so wenig ist er jedenfalls ausführlich bei seinen literarhistorischen
Notizen. Wir sind daher auch von dieser Seite nothwendig
gezwungen, die Verhältnisse und Fragen zu betrachten, über
welche jene Männer geschrieben haben. Hier vielleicht am
meisten ist die Geschichte des Volkes der wesentlichste Ersatz
für die Geschichte seiner Schriftsteller, und so unsicher diese
Quelle für diesen Zweck nun auch im Einzelnen sein mag, so
richtig wird sich dennoch im Grossen und Ganzen das Verhältniss
der letzteren durch die Lage des ersteren herausstellen.
Wir wollen daher diese zuerst charaklterisiren, um die
Hauptfragen festsetzen zu können, um welche sich vor Aristoteles
die publicistische Litteratur bewegen musste, und dann dasjenige
daneben halten, was Aristoteles selbst uns über die letztere
aufbewahrt hat.
I.
Allerdings scheint die griechische Geschichte auf den ersten
Anblick ein vielgestaltiges, ja fast wirres Bild darzubieten, na-
mentlich in Beziehung auf die Verfassungen der einzelnen Staaten
und die vielfachen Schicksale, welche dieselben erlebten. Geht
man aber einen Schritt weiter, so zeigt sich eine so grosse
Gleichartigkeit in den Grundlagen und Bewegungen, dass man
fast gezwungen wird, hier das Walten eines gemeinsamen Ge-
setzes anzuerkennen. Wir wollen dies Gesetz nun hier weder
weiter begründen, noch weiter untersuchen; wir wollen es, da
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 4s Heft. 9