916 Betrachtungen
Fortschrittes der Einsicht, dass das wohlverstandene Interesse
des Einzelnen mit dem würdig aufgefassten Wohle der Gesammt-
heit in Einklang stehe. Dieser Satz hat seine volle Wahrheit
indess nur, wenn die Begriffe von Eigenvortheil und Gemeinwohl
auf sittliche Grundsätze zurückgeführt werden und die mensch-
lichen Verbindungen in eine Gemeinschaft mit Gott aufgehen.
Bei einer beschränkten Auffassung von dem persönlichen Interesse
und dem Gemeinwohl; bei einer räumlich und nach der Zahl
ihrer Mitglieder begrenzten gesellschaftlichen Verbindung
besteht zwischen beiden keine ungestörte Harmonie.
Die Geschichte aller Zeiten und die Erfahrungen der jüng-
sten Tage lehren, dass ebensowohl Personen als auch Körper-
schaften, ganze Staaten nicht ausgenommen, von verkehrten
Vorstellungen über ihren wirklichen Vortheil sich leiten lassen
können; ja dass die natürlichen und zuerst sich entwickelnden
Ansichten über das eigene Interesse unvermeidlich einseitige und
befangene, daher unrichtige sein werden. So gewiss daher die
Bürger einen Einfluss auf die Geseizgebung und das geistige
Leben des Staates üben sollen, damit er von seiner wahren
Aufgabe, das Wohl und die Selbstständigkeit seiner Bürger zu
befördern, nicht abirre, so gewiss darf der Staat nicht unler-
lassen, auf eine würdige, das heisst mit dem Interesse der Ge-
sammtheit zusammenfallende, Auffassung ihres Eigenvortheiles bei
seinen Bürgern einzuwirken. Verfolgt er irgend dieses Ziel, will
er die Begriffe seiner Angehörigen von Recht und Pflicht be-
richtigen und veredeln, Ansprüche auf Leistungen zurückführen,
Verständniss und Hingabe: für eine höhere Gemeinschaft erwecken,
so kann er die Hilfe der Gemeinde dabei in keiner Weise
enibehren.
Das Urtheil der Nachbarn und Genossen übet überall den
entscheidendsten Einfluss auf die Ansichten der Menschen. Sollen
die Gesetze des Staates in den Sitten ihren Stülzpunkt und ihre Ergän-
zung finden, sollen die Güter einer erleuchtelen Erkenntniss und ver-
edelten Herzensbildung, welche durch die Thätigkeit der höchsten
Organe des Staatslebens erzeugt werden, in das Blut und das Leben
des Volkes übergehen, und Eigenthum jedes Bürgers werden, so
müssen sie von der Körperschaft der Gemeinden aufgenommen,