Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

394 Betrachtungen 
gewonnene, aber nur um so tiefer gewurzelte Ueberzeugung mit 
aller Entschiedenheit auszusprechen. 
Es ist eine von der Wissenschaft in das hellste Licht ge- 
stellte Wahrheit, dass die Vermehrung der Bevölkerung nur so 
lange für eine günstige Erscheinung gehalten werden kann, als 
die Steigerung der gewerblichen geistigen und sittlichen Bil- 
dung, so wie die Zunahme des Kapitals — insbesondere 
des zu Lohnauszahlungen verwendeten — derselben vorauseilt, 
oder mindestens gleichen Schritt mit ihr hält. Die etwa gehegte 
Voraussetzung, dass die Zunahme der Bevölkerung jene Fort- 
schritte der Bildung und die Vermehrung — sowie zweckmässige 
Verwendung — des Kapitals „von selbst“ und vielleicht gar 
„nothwendig* zur Folge haben werde, ist leider durch die Er- 
fahrung nur zu schlagend und zum Theil grauenvoll widerlegt. 
Vielmehr ist es nur zu gewiss, dass eine in Vergleich mit 
der Zunahme der Produktion zu schnell fortschreitende Zunahme 
‘der Bevölkerung das grösste Unglück für das Land, insbesondere 
für die arbeitenden Klassen ist. Ein Sinken des Lohnes, die 
Entwickelung des Pauperismus — d. i. einer entsittlichenden 
Dürftigkeit — sind die unvermeidlichen Folgen davon. 
Man braucht wahrlich diese Wahrheit nur auf ihren natür- 
lichen Ausdruck und zugleich auf ihre Quelle zurückzuführen, 
um sie jedem verständigen Hausvaler vollkommen einleuchtend 
zu machen. Dieser weiss sehr wohl,- dass Kinder nur so lange 
eine Quelle des Glückes und der reinsten Freuden sind, als die 
Mittel zu ihrer Ernährung , Erziehung und Ausstattung für das 
Leben bereits vorhanden sind oder mit ihrem Wachsthum be- 
schafft werden können. Dieselben werden unfehlbar Gegenstand 
der Sorge, Quelle der bittersten Schmerzen und zuletzt Ursache 
der traurigsten Zerrissenheit des Familienlebens, wenn jene Mittel 
nicht vorhanden sind, noch erworben werden können. 
Man hat sich von der Ansicht leiten lassen, dass eben dess- 
wegen, weil die Folgen einer leichisinnigen Ehe jedem Hausvater 
wohl bekannt seien, es auch dem Ermessen eines Jeden anheim- 
gestellt werden könne und müsse, ob er sich den unvermeidlichen 
Folgen der Unbedachtsamkeit aussetzen wolle. Das Beispiel einiger 
Unglücklichen werde Andere warnen. Allein diese Voraussetzung
	        
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