Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 337 
bestehenden Gemeinden hat, und der gesonderten Stellung, welche 
'Güterkomplexe, Vorwerke und einzelne Etablissements neben 
ihnen einnehmen , können die bestehenden Gemeinden nicht 
überall Träger der bezeichneten Rechte und Pflichten sein, 
Ein Dorf von wenigen Häusern, ein Vorwerk, dessen Wohn- 
gebäude sämmtllich dem Gutsbesitzer gehören, kann keinen Hei- 
mathsbezirk bilden, ohne sowohl die Freiheit und Gelegenheit 
für das Aufsuchen von Beschäftigung auf eine unerträgliche 
Weise zu beschränken, als auch die angesessenen Einwohner 
des Ortes über ihr Vermögen zu belasten. Eine Gemeinde, die 
aus weniger als zehn noch dazu dürfligen Familien besteht, bietet 
keine Garantie für die Gewährung der von einem Mitgliede zu 
beanspruchenden Unterstützung. Noch weniger würde ein Guts- 
besitzer es erträglich finden, allen Arbeitern, welche eine Reihe 
von Jahren bei ihm in Dienst gestanden, das Recht des dauern- 
den Aufenthaltes auf seinem Vorwerk einräumen zu sollen. 
In den kleinen Verbänden, welche die Dorfgemeinden noch 
jetzt häufig und die Vorwerke fast allgemein ausmachen, finden 
sich ferner eben so wenig die geistigen Kräfte, welche zur Er- 
füllung der den Gemeinden hiernach zufallenden Obliegenheiten 
und zu übenden Aufsicht durchaus erforderlich sind. Die Errich- 
tung und Verwaltung von Krankenkassen, die Aufsicht über die 
Betheiligung an einer Spar- und Altersversorgungskasse, die 
Controle über die Ansiedelung neuer Mitglieder oder die Schliessung 
von Ehen u. s. w. sind Geschäfte, welche eine grosse Zahl 
der gegenwärtig fungirenden Schulzen zu versehen schwerlich 
geneigt und im Stande sein möchten. 
In allen diesen Beziehungen, deren blosse Andeutung hier 
genügen mag, ist die Bildung grösserer Verbände, oder 
von Domizilgemeinden eine unerlässliche Bedingung der 
Ausführbarkeit aller vorhin erörterten Maassregeln. 
Dass die bestehenden Gemeinden wegen ihres häufig so 
unbedeutenden Umfanges und noch mehr die zu keiner Gemeinde 
gehörenden Güter, Kolonieen, Mühlenanlagen u. s. w. zur Er- 
reichung bestimmter Kommunalzwecke zu grösseren Verbänden 
vereinigt werden. müssen, ist ein klar vorliegendes und seit langer 
Zeit anerkanntes Bedürfniss. Diesem Bedürfniss abhelfen, war
	        
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