Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 431 
für einen ganzen Distrikt und mittelbar für das ganze Land 
dadurch entstünde, dass einer ökonomisch und gemeiniglich 
damit auch sitllich tief gesunkenen Gemeinde gründlich aufge- 
holfen würde. 
Was hier vorgeschlagen wird, ist nicht ohne Beispiele. Be- 
kanntlich hat die grossh. badische Regierung in der jüngsten 
Zeit namentlich eine Gemeinde im Odenwald (Rineck) so behan- 
delt, und ist dabei so weit gegangen, dass sie dieselbe vollkom- 
men aulhob und die ganze Einwohnerschaft bis auf wenige Alte 
und Gebrechliche, die in andern Gemeinden untergebracht wurden, 
nach Amerika schaffte. Es ist noch nicht bekannt geworden, 
wie hoch die Ausgabe der Staatskasse sich schliesslich dabei be- 
lief und wie die dortige Verwaltung die erworbenen Grundstücke 
verwerthete, ob durch Verkauf im Einzelnen an die Nachbarge- 
meinden, denen die Markung zugetheilt wurde, oder durch Bil- 
dung neuer grösserer Güter. Das aber ist bereits mehrfach er- 
wähnt worden und kann auch gar nicht anders seyn, dass die 
siltlliche und polizeiliche Wirkung der Maassregel eine äusserst 
günslige war. 
Der hier erwähnte Fall ist freilich extremer Art und es 
werden wohl nur wenige Gemeinden bei uns seyn, die in jeder 
Beziehung so lief gesunken. sind, dass man nur auf gleich ent- 
schiedene Weise helfen könnte. Aber auch in geringerem Um- 
fang angewendet kann eine solche Maassregel sehr segensreich 
wirken. 
Ebenso wie der Staat könnten Stiftungen in ähnlicher Weise 
sich selbst bei ihren schlechten Forderungen und einzelnen Ge- 
meinden helfen, nur dass hier natürlich von einem weilern im 
Interesse der Gemeinde zu bringenden Opfer keine Rede seyn 
könnte und die Wirkung sich nur auf das eine Moment, der Bil- 
dung neuer grösserer Bauerngüter zum Behuf ihrer Verpachtung 
bis zum möglich werdenden Verkauf, beschränken würde. Solche 
Stiftungen haben natürlich kein anderes Interesse als jeder Gläu- 
biger; aber bei grossen Kapitalen und nicht selten zahlreichen 
Forderungen sind sie zu einem derartigen Unternehmen eher an- 
geihan als Private. 
Weit besser aber als Stiftungen eignet sich der Staat selbst
	        
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