432 Studien über württemhergische Agrarverbältnisse,
dazu. Er hat mit dem ganzen Apparat von öffentlicher Gewalt,
den er besitzt, keinen Widerstand von Seiten der Gemeinde zu
fürchten, und kann seinem Eigenthum und seinen Pächtern jeder-
zeit den nöthigen Schutz verschaffen. Diess macht ihm schon
die Sache leichter, wie jeder andern juristischen oder Privat-
person. Dann wird er nicht selten auch indirekt mehr Vortheil
davon ziehen, als sonst irgend Jemandem zufiele. Abgesehen
von dem Vortheil, den er mit der Zeit in dem Ertrag der indi-
rekten Abgaben und durch den rechtzeiligen Eingang der direkten
Steuern !) haben muss, so erinnere ich namentlich daran, wie
oft derarlige ökonomisch verfallene Orte ein wahrer Krebs-
schaden für die Staatswaldungen sind, und wie wichtig es für
den Staat wäre, in dieser Beziehung die Möglichkeit zu besserer
Ordnung zu schaffen. Ist doch kürzlich nach Zeitungsmiltheilun-
gen in einem der thüringischen Staaten (Sachsen-Gotha)) bei der
Diskussion über einen ins Büdget aufzunehmenden Ausgabeposten
zur Unterstützung der Auswanderung von Regierungswegen be-
merkt worden, die Ausgabe werde sich allein durch den gerin-
geren Waldfrevel bezahlt machen. Aehnliche Fälle kommen ebenso
bei uns vor, und. die Aeusserung des thüringischen Regierungs-
commissärs wäre auch ‘in dem Munde eines württembergischen
Commissärs sicher nur die reine Wahrheit.
Endlich eignet sich aber das Unternehmen auch desshalb für
den Staat, weil er leichter, wie jeder andere Kapitalist, in der
Lage ist, die erworbenen Grundstücke mit der Zeit wieder in
1) Hätte bei uns der Staat selbst anstatt der Gemeinden den Einzug der
direkten Steuern, so würde er schon durch die Steuerrückstände einen An-
spruch an die Besitzungen erhalten, der als Veranlassung zu der vorgeschla-
genen Operation dienen könnte. In einer Recension über Mounier, de
Vagriculture en France 1846 im Quarterly Review LXXIX p. 202—238 findet
sich die Notiz, dass es in Frankreich den Grundbesitzern verstattet ist, sich
gegen Erlegung einer Einregistrirungsgebühr von ungefähr 1 Gulden durch
Abtretung ihres Grundbesitzes von den Steuerrückständen zu befreien, wobei
sie dann im Besitz ihres Mobiliars bleiben könnten. Der Präfekt des Depart.
der Niederalpen hatte schon 1835 Veranlassung, den Steuerpflichtigen dieses
wohlthätige (!) Gesetz in Erinnerung zu bringen. Ob davon Gebrauch ge-
macht worden, ist nicht erwähnt; aber was sind das für Agrikulturzustände,
wo eine solche Bekanntmachung nothwendig erscheint!