Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

634 Der statistische Congress 
könnte, ungenügenden Ueberblick zu gewähren vermochten. Um jedem 
einzelnen Theilnehmer einen solchen Einblick in die statistische Organisation 
und Methode der verschiedenen Staaten zu verschaffen, dass er auf nichts 
antrage und zu nichts beistimme, was sich nicht in allen oder doch den 
meisten und bedeutendsten ohne allzugrosse Schwierigkeit realisiren liesse, 
wäre es nothwendig gewesen, eine viel genauere Darstellung allen Mit- 
gliedern in die Hand zu geben. Es bedurfte hiezu insbesondere, wie es in 
dieser Zeitschrift am Ende des Jahrgangs 1852, VII, 692, schon kurz her- 
vorgehoben worden, einer gedruckten vergleichenden Zusammenstellung der 
verschiedenen Behandlungsweisen der wichtigsten Punkte, bei welchen die 
Erreichung der Gleichförmigkeit den meisten Werth hätte. Denn nicht da- 
von kann es sich auf einem solchen Congresse handeln, die besten Me- 
thoden aus wissenschaftlichem Gesichtspunkte erst zu suchen, sondern sein 
vorzüglicher Zweck muss der sein, die verschiedenen Regierungen zu ver- 
anlassen, ihre statistischen Arbeiten in so übereinstimmender Weise auf die 
durch Wissenschaft und Erfahrung schon empfohlenen Bahnen zu leiten, dass 
sie in den Hauptpunkten vergleichbar werden. Nicht als ob es ausge- 
schlossen sein sollte, im einzelnen Falle neuen schlagenden Verbesserungen 
bei dieser Gelegenheit Eingang zu verschaffen, allein wenn man darauf be- 
sonders ausgehen wollte, würde man um des Besten willen das Gute nicht 
erreichen; was der Literatur und Praxis überlassen werden kann, muss auf 
‚den Congressen Ausnahme bleiben. 
Am allerwenigsten kann es die Aufgabe der statistischen Congresse sein, 
den richtigen Begriff der Statistik in der Controverse zu finden und durch 
die Abstimmung zu sanctioniren; eine Bemerkung die wir einzuschieben 
nicht für nöthig gehalten haben würden, wenn.nicht schon von mehr .als 
einer Seite’ der Wunsch laut geworden wäre, die Philosophie der Statistik 
in die Debatte der Congresse einzuführen. Da kam eine schriftliche Bitte 
von Herrn Siegfried Weiss ein: ‚‚sein System der Discussion zu unterwerfen,“ 
dessen erster Theil die Statistik unter dem Namen der praktischen National- 
öconomie begreife, der zweite aber das System der Wissenschaft unter 
dem der theoretischen Nationalöconomie. Auch von Prof. Denzinger in 
Würzburg (einst in Lüttich) war ein Schreiben eingelaufen, worin er meint: 
es würde von dem höchsten Interesse sein, wenn auf einem Congresse von 
Gelehrten wenigstens der Begriff der Statistik präcisirt würde. Und von 
den Anwesenden kündigte Herr Valentin Smith aus Lyon an, dass er ein 
Schriftchen über die Philosophie der Statistik verfasst habe, und stellte die 
Frage — die unseres Wissens nicht beantwortet wurde — ob es seinen 
Platz in der Discussion finden könne? Nun ist es aber eine alte Erfahrung, 
dass auf dem Felde der Theorie die wissenschaftliche Einigung über Fun- 
damentalsätze nie in Disputationen erzielt wird, wie auch die Religions- 
gespräche der Reformationszeit die confessionellen Gegensätze nicht ausge- 
glichen haben. Geht diess schon so , wo die Streitenden derselben Nation 
angehören, wie vielmehr da, wo Deutsche, Engländer, Franzosen, Italiener
	        
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