Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

638 Der statistische Congress 
Alle Anwesenden überraschte ohne Zweifel am Meisten der umfassende 
Bericht, den in der dritten allgemeinen Sitzung der nun erst angekommene 
portugiesische Staatsminister und Deputirte d’Avila über die Statistik in 
seinem Vaterlande erstattete. Er erklärte der Kürze wegen von den im 
16., 17. und im Anfange des 18. Jahrhunderts in Portugal unternommenen 
statistischen Arbeiten schweigen zu wollen, und ging sogleich zu der neuesten 
Zeit über, in welcher die Einführung des constitutionellen Systems, und 
namentlich seine Wiedereinführung im J. 1834 die Regierung einsehen gelehrt 
babe, dass sie ihre alljährlich der Kammer vorzulegenden Berichte auf 
statistische Documente stützen müsse. Die Berichte von 1850, 1851, 1852 
werden als von sehr wichtigen Nachweisungen begleitet hervorgehoben. 
Die statistischen Arbeiten — fuhr er nun fort — sind unter die verschiedenen 
Ministerien vertheilt; doch beschäftigt man sich damit, ihnen eine einheit- 
liche Leitung durch eine ganz nach dem Muster der belgischen aus höhern 
Beamten der verschiedenen Ministerien und tüchtigen Privatkräften zusammen- 
zusetzende Centralcommission zu geben, in der ein Minister den Vorsitz 
führen soll. Dem Ministerium des Innern gehören die Volkszählungen an, 
deren man seit 1835 vier vorgenommen hat, in den Jahren 1838, 1843, 
1849 !) und 1850; die von 1851 ist beinahe beendigt. Diese Zählungen 
enthalten nicht alle in das Programm des Congresses aufgenommenen 
Punkte 2); allein sie sind auch nicht bloss nach den Feuerstellen gemacht, 
wie noch neuerdings in statistischen Werken gedruckt worden. Sie ent- 
halten die Feuerstellen und die Personen und sind mittelst Zetteln aufge- 
nommen, welche an die Familienhäupter ausgetheilt und von diesen oder 
von den Agenten der Verwaltung ausgefüllt werden. Die Grundlage bildet 
nicht das thatsächliche, sondern das gesetzliche Domicil. Zur Controle der 
Zählung dient die Bewegung der Bevölkerung nach den Registern des Civil- 
standes, die jedoch noch unvollständig sind. Das Gesetz welches ihre Füh- 
rung der weltlichen Obrigkeit zuscheidet, ist noch nicht ins Leben getreten, 
und die von den Pfarrern der Kirchspiele geführten Listen enthalten weder 
die ungetauften noch die todtgebornen Kinder; auch erwähnen sie nicht die 
Ehen zwischen Nichtkatholiken. Ueber die Todesfälle sind dagegen genaue 
Angaben vorhanden, die bis auf einen gewissen Grad duzu benutzt werden 
können, die Lücken bei den Geburten auszufüllen. Diess kommt daher, dass 
alle Beerdigungen in öffentlichen Kirchhöfen geschehen, und zwar erst nach 
eingehalter Erlaubniss der örtlichen Verwaltungsbehörde , die auf das Cer- 
tilicat eines Arztes hin ertheilt wird, welches den Tod und dessen Ursache 
bezeugt, und so eine wichtige Quelle der medicinischen Statistik bildet. 
Die Erlaubnisscheine werden mit den beigelegten Certificaten allmonatlich 
durch die Gemeindebehörden an die höhern Stellen eingesundt. Dieser 
amtliche, oder wenigstens aus amtlichen Quellen geschöpfte Publicationen, die uns ent- 
weder selbst zur Hand sind, oder worüber zuverlässige Nachricht vorliegt, berühren. 
4) 1846? 
2) Vgl. unten Abschnitt IV.
	        
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