670 Der statistische Congress
haben könne, dass die Zählungsagenten schlechter aufgenommen werden
würden ; dass diese auch keine discretionäre Gewalt haben, sondern bloss
die Uebertreter vor ein Polizeibureau sollten führen !) können, um sie zu
einer Geldstrafe verurtheilen zu lassen. Vergebens beharrte Lord Ebring-
ton auf der Nothwendigkeit einer Strafmaassregel wenigstens in Beziehung
auf die unentbehrlichen Daten der Namen, Vornamen, des Standes, der Kinder-
zahl. Die Versammlung verwarf den Satz der Section, dem Änscheine nach
aus zwei verschiedenen Motiven: ein Theil bewogen durch einen übelver-
standenen Liberalismus; ein anderer Theil der Ansicht des Präsidenten fol-
gend, dass die Versammlung besser es den einzelnen Regierungen oder den
die Zählungen im einzelnen Lande vornehmenden Behörden überlasse , über
die Nothwendigkeit einer solchen die Attribute der ausübenden Gewalt be-
treffenden Strafverfügung zu entscheiden.
Der einzelne Punkt welcher ausser dieser Verfügung noch in Beziehung
auf die Bevölkerungsstatistik berührt werden mag, ist die im Programm
enthaltene Hinweisung auf die unverkennbare Wichtigkeit einer gleich-
förmigen Nomenclatur der Todesursachen, die für alle Länder
anwendbar wäre, jedoch so wenig alsbald beschlossen werden sollte, dass
sie vielmehr nur als Gegenstand künftiger Studien empfohlen und als ein
möglicher Gegenstand der Annahme durch Beschluss eines späteren Con-
gresses bezeichnet war. Hiergegen nämlich erhoben sich in der allgemeinen
„Sitzung zwei belgische Aerzte, darunter namentlich mit Lebhaftigkeit Vle-
minckx, der Generalinspector des belgischen Militärsanitätswesens, indem sie
die hier einem -künftigen Congresse überlassene Aufgabe sogleich wegen
der Unmöglichkeit ihrer Lösung gestrichen sehen wollten. Denn diese No-
menclatur zu Stande bringen heisse nicht weniger als alle Aerzte in Ein-
klang setzen; das sei nicht möglich ohne zuvor den ärztlichen Unterricht zu
uniformisiren, was wiederum unmöglich und wenn möglich, ebenso be-
klagenswerth wäre, weil es allen Fortschritt hemmen würde, als unnütz, weil
der junge Mann, nachdem er die Bänke der Hochschule verlassen, sich doch
emancipiren und die Krankheiten benennen werde, wie er möge. Wer die
Geschichte der Medicin kenne, wisse überdiess, dass mit den Systemen
periodisch auch die Namen der Krankheiten vollkommen geändert worden
seien, Allerdings habe die königl. medicinische Academie zu Brüssel unter
Anderm auch eine solche Nomenclatur redigirt, aber er — der Redner —
wisse als Präsident dieser Academie, dass sie nicht mit Stimmeneinhelligkeit,
sondern durch irgend eine Mehrheit beschlossen worden sei, weil man sich
nicht habe vereinigen können und doch endlich habe zum Schlusse kommen
müssen. Dagegen erhob sich nun Dr. Varrentrapp aus Frankfurt a/M., als
ärztliche Gegenstimme. Die abweichende Benennung der Krankheiten durch
verschiedene Schulen hindere eine Uebereinkunft über eine gemeinschaft-
liche Nomenclatur nicht, da jeder Arzt wisse, dass was früher Nervenfieber,
1) Legoyt sagte: seront conduits —, was wenn er nicht blosses Vorladen meinte,
allerdings hart wäre.