Einleitung. $ 5. 17 Die Tätigkeit des Staates äußert sich namentlich in der Aus- übung von Herrschaftsrechten. Aber die Ausübung von Herrschaftsrechten erschöpft keineswegs die gesamte staatliche Tätigkeit. Es gibt zahlreiche staatliche Funktionen, bei deren Ausübung der Staat anderen Rechtssubjekten nicht als Herrscher, sondern als gleichberechtigte Person gegenübertritt. Zu diesen Funktionen gehört einmul der völkerrechtliche Verkehr mit anderen Staaten. Aber auch im Innern erwachsen dem Staate vielfache Aufgaben, deren Erfüllung ohne Anwendung von Herrschafts- rechten möglich ist, so namentlich die auf Förderung der Volks- interessen gerichtete Tätigkeit, welche sich in der Gewährung von Unterstützungen, in der Errichtung und Verwaltung allgemeiner Anstalten äußert, und die Beschaffung des Staatsbedarfs an Geld- mitteln und Arbeitsleistungen im Wege des gewöhnlichen vermögens- rechtlichen Verkehrs? ®, Da der Staat nur mit äußerlichen Zwangsmitteln ausgerüstet ist, so beschränkt sich seine Tätigkeit auf die äußeren Ver- hältnisse der Menschen; eine Einwirkung auf das innere Leben derselben bleibt ihm verschlossen. 4. Organe des Staates und Träger der Staatsgewalt. 8 5. 1. Der Staat ist eine begriffliche Abstraktion!. Er bedart physischer Personen, welche die ihm zustehenden Rechte austiben. beschränkt wissen. Auch dies ist eine Frage der Politik, nicht des Rechtes. Einen Rechtssatz, der es dem Staate verwehrt, seine Tätigkeit auf das Gebiet der Religion zu erstrecken, gibt es nicht. ® Die Ansicht, daß die spezifisch staatliche Tätigkeit sich lediglich in der Ausübung von Herrschaftsrechten äußere, wird namentlich von v. Gerber St.R. (S 1) 3 N. 3 und Zorn, St.R. 1 62, 287 vertreten. — Vgl. Rosin Ann.D.R. 1883 295 ff. Labaud, St.R. 1 66. Jellinek, Gesetz und Verord- nung 1% N. 1. ° Jellinek, System 234 ff. unterscheidet den Staat als Subjekt der Macht und als Vertreter der Gemeininteressen und nimmt in einzelnen Fällen eine Selbstverpflichtung des ersteren gegen den letzteren an. Die Unterscheidung ist an und für sich zutreffend. Gegen die Annahme einer Verpflichtung spricht aber doch der Umstand, daß hier nur zwei Eigen- schaften desselben Verbandes, nicht zwei verschiedene Rechtssubjekte in Frage kommen. ı Nicht etwa eine Fiktion, wie in neuerer Zeit immer noch, z. B. von Bierling, Kritik der juristischen Grundbegriffe, 2, 222 ff., Juristische Prinzi- ienlehre 1 223 ff, behauptet wird. Übereinstimmend: Jellinek, System 17: . Schmidt, der Staat, 1ff.: Hübler, Organisation der Verwaltung (1898), 1; Rehm, Staatsl. 156; H. v. Treitschke, Politik, 1 25 ff. — Schloßmann, Lehre von der Stellvertretung 1 125 bleibt gleichwohl dabei, daß „die Zusammen- fassung.... von zahlreichen Menschen zu einer einheitlichen Person... eine Fiktion, ein Ausfluß dichtender Phantasie“ sei. Hiergegen vor- züglich Preuß in dem oben S. 13 zitierten Aufsatz „Stellvertretung oder Organschaft ?“, 8. 430 ff. [Von sonstigen, „Fortschritten“ der Fiktionslehre sei bier nur noch der von Affolter, Arch.Off.R. 17 135 erteilte Rat erwähnt: G. Meyer-Anschütz, Deutsches Stastsrecht I. 7. Aufl. 2