Die Gründung des Deutschen Reiches. $ 58. 169 Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik erwies sich der Bund als vollständig obnmächtig. Seine Militärverfassung reichte nicht aus, um eine einheitliche und schlagfertige deutsche Armee her- zustellen. Im Innern war die Tätigkeit des Bundes auf die Unter- drückung revolutionärer Bewegungen und die Entscheidung von Streitigkeiten unter den einzelnen Bundesstaaten beschränkt. Die für letzteren Zweck getroffenen Einrichtungen waren völlig un- zureichend, wenn ernstere Konflikte, namentlich unter den beiden Großmächten, ausbrachen. Die Organisation der Bundesgewalt litt an nicht minder großen Mängeln. Während alle Einzelstaaten allmählich zu konstitutionellen Formen übergegangen waren, fehlte es am Bunde gänzlich an einer Vertretung der Bevölkerung. Ebensowenig bestand dort ein geeignetes Organ für die Exekutive. Hatte man anfangs eine Fortbildung der Bundesverfassung gehofft, 80 stellte sich immer deutlicher die Unmöglichkeit einer solchen heraus. Schon der Umstand, daß jede Abänderung der Bundes- verfassung die Einwilligung aller Plenarstimmen forderte, ein einzelner deutscher Staat also durch seinen Widerspruch dieselbe hindern konnte, machte den Bund völlig entwicklungsunfähig. Vor allem aber war es der Gegensatz der beiden Großmächte, welcher eine gedeihliche Entwicklung der deutschen Verhältnisse and jede Fortbildung der Bundesinstitutionen hinderte. * Ursprünglich zeigte die Bundesversammlung wenigstens guten Willen, aber nur zu bald verkehrte sich dieser in das Gegenteil. Für die nationalen Interessen geschah nichts; Art. 19 der B.-A., welcher gemeinsame Maßregeln in bezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt in Aussicht stellte, wurde nicht ausgeführt, die gemeinnützigen Anordnungen, welche die Bundesgrundgesetze er- wähnten, kamen nicht zustande. Nur in der Unterdrückung freiheitlicher Regungen sah die Bundesversammlung ibre Aufgabe. Zu diesem Zwecke scheute man sich sogar nicht, dem Bunde Kompetenzen beizulegen, von denen die Bundesgrundverträge nichts wußten. Die Wirksamkeit des Bundes richtete sich namentlich gegen Universitäten, die Presse, politische Vereine und Ver- sammlungen und erreichte ihren Höhepunkt in den sogenannten Demagogenverfolgungen. Zu den hauptsächlichsten Ausflüssen dieser Strömung gehören die sogenannten Karlsbader Beschlüsse, von Vertretern einzelner Regierungen in Karlsbad festgestellt, von Deutschlands ihr anlegten. Soll die neue Verfassung diese Mängel und die Gefahren, welvhe sie mit sich bringen, vermeiden, so ist es nötig, die ver- bündeten Staaten durch Herstellung einer einheitlichen Leitung ihres Kriegs- wesens und ihrer auswärtigen Politik fester zusammenzuschließen und ge- meinsame Interessen der Nation zu schaffen.“ Unverblümter urteilte schon 1848 die bayrische Regierung über den Deutschen Bund; vgl. ihre Note vom 12. März 1848 (bei Roth und Merck, Quellenslg. 1 123 ff); „. . . Der heimliche Bundestag ist den Deutschen ein Gegenstand erst der Scheu, dann kalter Anwiderung geworden.“ [Freilich hat gerade sie am wenigsten dazu getan, um diese „anwidernden“ Zustände zu ändern.]