1030 Nachtrag. 4. Dem Art. 53 Abs, 1 wird hinzugefügt: Die Ernennung, Versetzung, Beförderung und Verabschie- dung der Offiziere und Beamten der Marine erfolgt unter Gegen- zeichnung des Reichskanzlers !!, 5. Im Art. 64 Abs. 2 werden im ersten Satze hinter „Kaiser“ die Worte eingeschaltet: „unter Gegenzeichnung des Reichs- kanzlers.“ !! 6. Dem Art. 66 wird beigefügt: Die Ernennung, Versetzung, Beförderung und Verabschie- dung der Offiziere und Militärbeamten eines Kontingents erfolgt unter Gegenzeichnung des Kriegsministers des Kontingents. Die Kriegsminister sind dem Bundesrat und dem Reichstag für die Verwaltung ihres Kontingents verantwortlich !! Von diesen Verfassungsänderungen sind zwei Gruppen be- sonders wichtig, einmal die, welche sich auf Art. 15, sodann die, welche sich auf Art. 53, 64 und 66 beziehen. Die erste Gruppe, vor allem der Satz, daß der Reichskanzler zu seiner Amtsführung des Vertrauens des Reichstags bedarf, bedeutet die Einführung der parlamentarischen Regierungsform. Die zweite aber bewirkt, indem sie das gesamte Kriegswesen, und zwar nicht nur die Militärverwaltung, soudern auch die Heeresleitung (oben 842, 847) ministerieller Verantwortlichkeit, und damit dem Einfluß des Moichatage, unterstellt, die Unterordnung der Militärgewalt unter die Zivilgewalt und beseitigt damit ein Stück „Militarismus“, welches zu den Besonderheiten des preußisch-deutschen Staats- rechts gehört und mit den Grundsätzen des konstitutionellen Staates unzweifelhaft im Widerspruch gestanden hatte, II. Ursachen und Ausbruch der Revolution. Eine eindringende Darstellung der Ursachen der deutschen Revolution von 1918 wird man in einem Lehrbuch des deutschen Staatsrechts nicht suchen wollen!®, und um so weniger, wenn dieses sich planmäßig nur mit dem Rechtszustand vor der Um- wälzung beschäftigt. Doch kann an den Hauptpunkten wenigstens hier nicht ganz vorbeigegangen werden. Es wäre einseitig und daher wahrheitswidrig, wenn man die Revolution allein aus der besonderen Struktur unseres bisherigen Staatswesens herleiten wollte. Der Aufbau dieses von Preußen geeinigten und geführten Deutschlands war, der geschichtlichen Prägung des Führerstaates entsprechend, im Vergleich mit anderen Ländern sehr autoritär, undemokratisch, militaristisch, er zeigte das Bild eines von einer starkem Monarchie und ihrem Beamten- 11 Vgl. oben $ 196 Anm. 20 a. E. 12 Die Literatur hierüber ist jetzt — Frühjahr 1919 — begreiflicher- weise noch sehr spärlich. Zur ersten Orientierung vgl. etwa: H. Delbrück, Preuß. Jahrb. 174 425 ff.; H. Oncken, Die inneren Ursachen der Revolution, Annalen für soziale Politik u. Gesetzgebung 6 228 ff.