Erstes Buch. Verfassung des preußischen Staates. 8 1. Geschichte der preußischen Verfassung. Die ersten Anfänge einer Verfassung in Preußen fallen in das Jahr 1847. König Friedrich Wilhelm IV. (1840 —1861) schuf, nach- gebend den immer dringender werdenden Wünschen seines Volkes nach einer Volksvertretung, den sogenannten „Vereinigten Landtag.“ Dieser, zwar noch auf ständischem Prinzip beruhend, zerfiel in zwei Kurien, von denen die erste die „Herrenkurie“ hieß, welche sich aus Mitgliedern des hohen Adels zusammensetzte, wobei der König das Ernennungsrecht hatte, während die zweite Kurie die Abgeordneten der Ritterschaften, Städte und Landgemeinden umfaßte. Die Kompetenz des „Vereinigten Landtages“ bestand in dem Petitionsrecht an den König, dem Recht eines Beirats bei der Gesetzgebung, dem Recht auf Anhörung bei Aufnahme von Staatsanleihen und Einführung neuer Steuern. Das Recht der Berufung dieser Körperschaften stand ausschließlich dem König zu. Gerade der letztgedachte Umstand, wie der Wirkungskreis und die Zusammensetzung des Landtages, befriedigten weite Volks- kreise nicht. Die Verfassungsfrage war mit diesem Versuche nicht gelöst, sie stand daher auch weiterhin noch zur Diskussion. In ein neues Stadium gelangte die Verfassungsfrage durch die revolutionären Bewegungen, die im März 1848 zu Wien und Berlin stattfanden. Die preußische Regierung legte zunächst einen auf konstitutioneller Grundlage beruhenden Entwurf der zur Vereinbarung einer Landes- verfassung gewählten Berliner Nationalversammlung mai 1848) vor. Als hierbei ein heftiger Konflikt zwischen Regierung und Parlament entstand, wurde letzteres nach einiger Zeit wieder aufgelöst, ohne daß eine Einigung erzielt war. Die Regierung sah sich daher veranlaßt, am 5./6. Dezember 1848 einseitig eine Verfassungsurkunde nebst Wahlgesetzen (GS. S. 395, 499), wobei die Vorarbeiten der Ver- fassungskommission und der Frankfurter Nationalversammlung Berück- sichtigung gefunden hatten, in Kraft zu setzen (oktroyieren) und dieselbe den alsbald zusammenberufenen Kammern zum Zwecke der Revision auf dem Wege der Gesetzgebung vorzulegen. Auch hier erfolgte, ehe die Prüfung zustande kam, eine neue Auflösung der Zweiten Kammer. Hierauf oktroyierte die Krone am 30. Mai 1849 ein neues Wahlgesetz (Verordn. über Umwandlung des allgemeinen direkten Wahlrechts in das Dreiklassensystem der Urwähler [GS#. S. 205|), wodurch endlich Altmann, Handbuch der Verfassung 11. 1