— 45 — Kriegsvölkerrechtliche Betrachtungen. Von Landgerichtsdirektor LANGER in Ratibor. Bis zum Weltkriege hat anscheinend niemand geglaubt, daß nach den Konferenzen im Haag von 1899 und 1907 das Kriegs- völkerrecht noch einmal derart auf ältere Zustände zurückge- schraubt werden würde, wie es geschehen ist. Wie hat man daran gearbeitet, aus diesen älteren Zuständen, in denen das Kriegs- völkerrecht zum großen Teile aus bloßen Ansichten von Gelehrten, ans Präzedenzfällen und herkömmlichen Uebungen von zweifel- hafter Autorität bestand, herauszukommen und zu einer Kodifika- tion zu gelangen, von der man hoffen durfte, daß sie vielen Zwei- feln und Schwankungen ein Ende bereiten, für alle Kulturnationen gültiges und angewandtes Recht werden würde. Mit dem Ergeb- nis der Haager Konferenzen glaubten doch die meisten das vor der Hand Erreichbare erreicht. Wenn man aber mit den Augen dessen, der diesen Krieg mitgemacht und miterlebt hat, jenes Werk betrachtet, so erscheint es einem unfaßbar, daß man es „als Kulturtat allerersten Ranges“, als „großartiges Produkt menschlichen Geistes“ bezeichnen konnte. So noch 1914 STRUPP in seiner Arbeit über das „Internationale Landkriegsrecht*. Man fragt sich, ob es nicht richtiger ist, sich dem Urteil der Pazifisten über die Haager Konferenzen anzuschließen, die „vom völligen Bankerott der Kriegshumanisierung und Kriegsreglementierung*,