24 Erstes Buch. Entstehung des heutigen Deutschen Reiches. und sich im Voraus mit verschiedenen Abänderungen einverstanden erklärte, falls- die Regierungen sie acceptiren wollten. Der nach Berlin im Mai zusammenberufene Fürstencongreß konnte den Rücktritt von Sachsen am 25. Mai nicht hindern; Han- nover hatte bereits am 21. Februar seinen Rücktritt erklärt. Inzwischen fühlte sich Oesterreich nach Niederwerfung der Aufstände in Italien, Wien, Prag und Befiegung des Königs Karl Albert von Sardinien, sowie nach Unterdrückung des ungarischen Aufstandes mit Hülfe Rußlands wieder derart erstarkt, daß es gegen die Berufung des Erfurter Parlaments protestirte und auf Grund seines Bundespräsidialrechtes die Bundesmitglieder zum 9. Mai 1850 nach Frankfurt zur Plenarversammlung des Deutschen Bundes einlud. Preußen lehnte ab, seine Bundesgenossen nahmen mit der Maßgabe an, daß sie die Bundesversammlung nur als freie Conferenz beschicken wollten, was Oesterreich nicht acceptirte. Am 7. August 1850 wurde auf Oesterreichs Antrag die Reactivirung des Deutschen Bundes beschlossen. Nun drohte ein Krieg zwischen Preußen und Oesterreich. Jedoch gab Preußen unter dem Drucke Ruß- lands nach (Conferenz zu Warschau am 28. October) und fügte sich durch die Convention von Olmütz am 29. November 18501 den Anforderungen Oester- reichs. Solchergestalt wurde die Bundesverfassung von 1815 restaurirt. Die Bundesversammlung kehrte durch die repressiven Beschlüsse vom 23. August 1851, vom 6. und 13. Juli 1854 über die Presse und das Vereinswesen und die Be- handlung der Verfassungsstreitigkeiten von Kurhessen, Mecklenburg, Bremen u. s. w. in die Bahnen ihrer ehemaligen Politik von 18192 zurück. * 6. Von Olmütz bis zum Prager Frieden von 1866. So waren die Einheitsbestrebungen des deutschen Volkes und des preußischen Staates gescheitert und dieser äußerlich so tief im Ansehen Europas gesunken, daß er bei dem Krimkriege kaum noch als eine Großmacht behandelt wurde. Und doch wuchs Preußen indessen fort und fort riesengroß. Durch den Eintritt des sog. Steuervereins, insbesondere von Hannover und Oldenburg i. J. 1852, in den deutschen Zollverein hatte es die wirthschaftliche Herrschaft fast über das ganze Gebiet des heutigen Deutschen Reiches erworben. Seine Manufacturen und sein Bergbau hoben sich so zusehends und so außerordentlich, daß Preußen für sich allein das doppelt so große Oesterreich an Wohlhabenheit, wirthschaftlicher und Steuerkraft wie an finanzieller Leistungsfähigkeit ganz erheblich überflügelte. Als nun der 1858 zur Regentschaft in Preußen berufene nachmalige König Wilhelm durch seine Heeres- reorganisation auch die militärische Ueberlegenheit Preußens geschaffen hatte, war das Schicksal der deutschen Frage entschieden und harrte diese nur noch der äußeren Lösung. Inzwischen wurden die Versuche zur Einigung Deutschlands fortgesetzt. Eine gemeinsame Wechselordnung bestand seit 1849; durch Bundestagsbeschluß vom 31. Mai 1861 (Protocoll § 151) wurde ein gemeinsames deutsches Handels- gesetzbuch angenommen und demgemäß in den einzelnen Bundesstaaten im Wege der Landesgesetzgebung eingeführt. Die Triasidee des sächsischen Ministers v. Beust mit einem zwischen Oesterreich, Preußen und einem dritten Bundesstaate wechselnden Directorium und einer wandernden Bundesversammlungs? scheiterte am Widerspruche der beiden Großmächte. Unter dem 31. Juli 1863 lud der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich sämmtliche deutschen Fürsten und die Vertreter der freien Städte zu einem deutschen Fürstentage nach Frankfurt, der auch am 17. August unter dem persönlichen Vorsitze des Kaisers zusammentrat. Nach dem vom Kaiser vorgelegten Projecte sollte Oesterreich das Präsidium führen, ferner sollte ein aus dreihundert von den Einzellandtagen gewähltes Delegirtenhaus ein- gesetzt werden. Oesterreich und Preußen sollten je 75 Delegirte entsenden. Preußen erklärte, nur bei Erfüllung von drei Bedingungen beitreten zu wollen: Gleich- berechtigung Preußens mit Oesterreich, ein Veto gegen jede Kriegserklärung, außer 1 Abgedruckt bei H. v. Meyer, II, S. 545 ff. 2 Staatsarchiv von Aegidi u. Klauhold, 2 S. auch Zachariä, I, S. 237. d. I. Nr. 164.