§ 13. Erwerb der Staats= und Reichsangehörigkeit. 53 Reichsangehörige auszuweisen, sowie über das Verbot der Doppelbesteuerung wird später das Nähere ausgeführt werden. Hierbei mag noch hervorgehoben werden, daß Sinn und Tragweite des Artikels 3 nicht oder doch zunächst nicht darauf abzielen, Rechte den Reichs- angehörigen zu übertragen, sondern um deren gleiche Rechtsstellung auszu- drücken, daß also nicht dem fremden Reichsangehörigen Rechte gegeben sein sollen, die dem einheimischen nicht zustehen. Da nun z. B. kein Inländer, selbst wenn er die Bedingungen zu einem Staatsamte erfüllt und seine Fähigkeit dazu dargelegt hat, im einzelnen Falle ein Recht darauf hat, angestellt zu werden, so hat die Be- stimmung in Artikel 3 nur den Sinn, daß die Regierungen sich gegenseitig ver- pflichten, keinen Unterschied zu machen, also keinen, der die Fähigkeit zu einem Staatsamte nachgewiesen hat, um deswillen nicht anzustellen, weil er einem andern deutschen Staate angehört (so der Bundesrathsbevollmächtigte Hoffmann im verfassungsberathenden Reichstage am 19. März 1867, Sten. Ber. S. 244). 8 13. Erwerb der Staats= und Reichsangehörigkeit. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat und damit die Reichsangehörig- keit wird erworben erstens durch Geburt, und zwar erwerben nach § 3 des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes= und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 eheliche Kinder eines Deutschen die Staatsangehörigkeit des Vaters, uneheliche Kinder die Staatsangehörigkeit der Mutter. Wo die Geburt erfolgt ist, ob im Deutschen Reiche oder außerhalb dessen, soll nach der Vorschrift in § 3 unerheblich sein. Es ist also möglich, daß Gene- rationen von Deutschen im Auslande bleiben und doch das deutsche Indigenat be- halten, wenn sie die zu dessen Erhaltung vorgeschriebenen Bedingungen erfüllen (s. w. u.). Es macht auch keinen Unterschied, in welchem Bundesstaat die Geburt erfolgt. Die Kinder eines Preußen, die in Sachsen geboren wurden, bleiben also, bis fie sich in den sächsischen Staatsverband aufnehmen lassen, Preußen. Dies gilt ebenso von den Kindeskindern. Dem entspricht es, wenn der in Deutschland Geborene nicht Reichsangehöriger wird, wenn sein ehelicher Vater oder seine uneheliche Mutter nicht Reichsangehörige find (Cahn, Das Reichsgesetz über die Erwerbung und den Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870, Berlin und Leipzig 1889, S. 30). Darüber, ob ein Kind als ehelich geboren anzusehen ist, entscheidet das bürgerliche Recht und bis zur Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Landesrecht. Für das Bürgerliche Gesetzbuch kommen die 9s 1591 bis 1600 zur Geltung. Da- nach ist ein Kind, das nach Eingehung der Ehe geboren wird, ehelich, wenn die Frau es vor oder während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau beigewohnt hat. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat. Als Empfängnißzeit gilt die Zeit von dem 181. bis zum 302. Tage vor der Geburt, mit Einschluß sowohl des 181. wie des 302. Tages. Steht fest, daß das Kind innerhalb eines Zeitraumes empfangen worden ist, der weiter als 302 Tage vor dem Tage der Geburt zurückliegt, so gilt zu Gunsten der Ehelichkeit des Kindes dieser Zeitraum als Empfängnißzeit. Die Unehelichkeit eines Kindes, das nach den angegebenen Gesetzesbestimmungen als ehelich anzusehen ist, kann auf Anfechtung der Ehelichkeit durch gerichtliches Urtheil ausgesprochen werden. Für die Ehelichkeit eines Kindes ist es unerheblich, ob die Ehe nach dem Zeitpunkte, an welchem es empfangen oder als empfangen anzusehen ist, geschieden wird (Bürgerliches Gesetzbuch §§ 1565 bis 1569). Die Kinder aus einer Ehe, welche für nichtig erklärt wird (§§ 1323 bis 1347 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), gelten im rechtlichen Sinne für ehelich, wenn sie im Falle der Gültigkeit der Ehe ehelich sein würden, sofern nicht beide Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung gekannt haben. Beruht die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel und war die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen, so sind die Kinder aus einer solchen Ehe als unehelich anzusehen (§ 1699 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).