220 Fũuftes Buch. Die Verwaltung des Innern. ihres Vaters zu beurtheilen; uneheliche nach dem, in welchem zur Zeit ihrer Geburt ihre Mutter stand. Liegt keiner der Fälle vor, in dem eine Uebernahme erfolgen muß, so muß der Staat den Heimathlosen behalten, in welchem sich dieser aufhält. Ehefrauen und Kinder unter 16 Jahren sollen, falls fie einem anderen Staate zugewiesen werden können, von ihren Ehemännern und bezw. Eltern nicht getrennt werden. Die Kosten der Ausweisung trägt der ausweisende Staat. Mit Italien (Uebereinkunft vom 8. August 1873, Centralbl. 1873, S. 271), Dänemark (tUebereinkunft vom 11. December 1873 und Zusatz vom 25. August 1881, Centralbl. f. das Deutsche Reich 1874, S. 31, 1881, S. 407, 1884, S. 201), Oesterreich-Ungarn (Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 2. September 1875, Centralbl. 1875, S. 475), Schweiz (Niederlassungsvertrag vom 31. Mai 1890, R.-G.-Bl. 1890, S. 131, s. auch Reichs-Centralbl. 1882, S. 16) und Belgien (Declaration vom 7. Juli 1877, Centralbl. f. d. Deutsche Reich 1877, S. 411) sind Uebernahmeverträge bezüglich Reichsangehöriger und solcher, die dies früher waren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben haben (heimathlos find), vom Deutschen Reiche abgeschlossen worden. § 30. Vom Gewerbewesen, mit Einschluß der Fabrik= und Arbeiterschutzgesetzgebung. In den deutschen Staaten war bis zum Anfange des neunzehnten Jahrhunderts der Handwerks= und Handelsbetrieb (die bürgerliche Nahrung) meist auf die Städte beschränkt und an die Zugehörigkeit zu gewissen Corporationen (Zünften, Gilden), theilweise sogar an bestimmte Grundstücke geknüpft und häufig als ausschließliche Gewerbeberechtigung (Zwangs= und Banngerechtigkeit) gegeben. Nach dem Vorbilde der französischen Revolution wurde in den meisten Rheinbundstaaten, ferner in Preußen durch die Stein-Hardenberg'sche Gesetzgebung die Gewerbefreiheit in dem Sinne eingeführt, daß Jeder gegen Lösung eines Gewerbescheines (Patent) das darin bezeichnete Gewerbe frei, d. h. ohne einer Zunft u. s. w. anzugehbren, be- treiben darf. Im Norddeutschen Bunde führte das (sog. Nothgewerbe-)Gesetz, betreffend den Betrieb der stehenden Gewerbe, vom 8. Juli 1868 (B.-G.-Bl. 1868, S. 406) im Principe die Gewerbefreiheit ein, welches Gesetz durch die umfassendere Gewerbe- ordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S. 245) ersetzt wurde. Diese Gewerbeordnung gilt mit überaus zahlreichen Ab- änderungen und Zusätzen noch heute, und zwar im ganzen Deutschen Reiche, seit dem 1. Januar 1889 auch in Elsaß-Lothringen. Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung ist jede objectiv erlaubte (also z. B. nicht Kuppelei, Bettelei, Glücksspiel, Unzucht, Wahrsagen), wenn auch subjectiv verbotene?, auf Erwerb #s (Gewinn) gerichtete, berufsmäßig (fortgesetzt), wenn auch nicht dauernd ausgeübte Privatthätigkeit". Indeß finden die Vorschriften Üüber Sonntagsarbeit, Auslohnung, Arbeitsordnung, Beschäftigung jugendlicher und weiblicher Arbeiter, überhaupt die ganze Arbeiterschutzgesetzgebung, ferner die über Concessionirung gewerblicher Anlagen auch für Staats= und Communalbetriebe unbedingte Anwendung. Der Regel nach fallen nicht unter die Gewerbeordnung (obwohl sie auch Gewerbebetriebe im weiteren Sinne sind) die sog. Urproductionen 1 Commentar von Landmann, 2. Aufl. 2 Vgl. Entsch. des Reichsgerichts in Strafs., 1893—1895, Marcinowski, 5. Aufl. 1892, Md. V, S. 112. Schicker, 2. Aufl. 1893: s. auch Seydel, Das * Val. Entsch. des Kammergerichts, Bd. III, Gewerbepolizeirecht, 1881, Textausgabe vonS. 281, Bd. X, S. 188, Bd. XI, S. Berzer-Wilhelmi, 14. Aufl. Bd. XII, S. 193, Oppenhoff, Rechtsprechung Subjectiv verboten ist den Beamten und des Ober-Tribunals in Straff., Bd. XV, S. 21; Militärpersonen der Gewerbebetrieb (s. Reichs= vgl. auch Entsch. des Oberverwahtungsgerichts. Militärgesetz vom 2. Mai 1874, § 45, Reichs- Bd. XVI, S. 87 und Bd. XVII, S. 252. beamtengesetz vom 31. März 1873, 8 16). Amtliche Thätigkeit ist kein Gewerbebetrieb.