370 Siebentes Buch. Finanzwesen. eine Erleichterung dahin, daß ihnen der Eingangszoll für eine der Ausfuhr ent- sprechende Menge des zur Mühle oder Mälzerei gebrachten ausländischen Getreides nachgelassen wird. Inhabern von Mühlen oder Mälzereien, welchen die vor- bezeichnete Erleichterung gewährt ist, werden bei der Ausfuhr ihrer Fabrikate Einfuhrscheine über eine entsprechende Getreidemenge ertheilt, sofern fie diese Ver- günstigung an Stelle des Erlasses des Eingangszolls für eine der Ausfuhr ent- sprechende Menge zur Mühle oder Mälzerei gebrachten ausländischen Getreides beantragen. Wird ihnen diese Erleichterung nicht gewährt, so werden ihnen auf ihren Antrag bei der Ausfuhr ihrer Fabrikate Einfuhrscheine über eine entsprechende Getreidemenge ertheilt 1. 5 39. Zollstrafrecht und Zollstrafverfahren ?. Da nach Art. 35 der Reichsverfassung das Deutsche Reich die Gesetzgebung über das gesammte Zollwesen, über die Besteuerung des im Reiche gewonnenen Salzes und Tabacks, bereiteten Branntweins und Bieres und aus Rüben oder anderen Erzeugnissen dargestellten Zuckers und Syrups, über den gegenseitigen Schutz der in den einzelnen Bundesstaaten erhobenen Verbrauchsabgabe gegen Hinterziehungen, sowie über die Maßregeln, welche in den Zollausschlüssen zur Sicherung der gemein- samen Zollgrenze erforderlich find, ausschließlich ausübt, so ist allseitig und stets angenommen?, daß dem Reiche auch die ausschließliche Befugniß zum Erlaß der Strafbestimmungen für Zuwiderhandlungen gegen derartige Gesetze zusteht. Es wäre ein Steuergesetz, welches den ihm unterworfenen Personen unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Handlungen zur Pflicht macht, ein unvollständiges Gesetz, wenn es nicht Strafandrohungen für den Fall der Unterlassung dieser Hand- lungen enthalten würde, und es kann Art. 35 nicht dahin verstanden werden, daß er dem Reiche nur das Recht zum Erlaß unvollständiger Gesetze als ausschließliches Recht habe übertragen wollen". Dazu kommt, daß herkömmlich die Zoll= und Steuergesetze in Deutschland zugleich die Strafen normirten, welche auf ihre Ueber- tretung gesetzt waren. Dagegen bezieht sich die ausschließliche Gesetzgebungs- befugniß nicht auf das Strafverfahren, insbesondere nicht auf das admini- strative Strafverfahren. Denn erstens hatte sich die schon im Zollverein bestandene materielle Gemeinschaft der Gesetzgebung hierauf nicht miterstreckt, und es ist daher nicht ohne Weiteres anzunehmen, daß Art. 35 die Zuständigkeit des Reiches nach dieser Richtung hin ausdehnen wollte. Zweitens ist nur die Zoll= und Steuer- gesetzgebung ausschließlich Reichssache, die Verwaltung der Zölle und der gemeinschaftlichen Steuern ist dagegen den Einzelstaaten verblieben (Art. 36), welche diese Verwaltung zwar nach gleichen Grundsätzen, aber nicht in allen Einzel- heiten übereinstimmend führen sollten 5, und daraus folgt, daß bis auf Weiteres die nach Art. 35 ausschließliche Gesetzgebungsgewalt des Reiches das Verwaltungs- strafverfahren gar nicht in allen seinen Einzelheiten mitumfassen kann; daß also für dieses noch die Landesgesetzgebung zuständig ist. Diese kann sich nur innerhalb des ihr durch das Reichsrecht freigelassenen Spielraums bewegen. Das materielle Zollstrafrecht, welches hiernach der ausschließlichen Gesetz- gebungsgewalt des Deutschen Reiches untersteht, ist enthalten: 1) im Vereins- zollgesetze vom 1. Juli 1869 (B.-G.-Bl. 1869, S. 817), 2) im Gesetze, be- treffend die Sicherung der Zollvereinsgrenze in den vom Zollgebiete ausgeschlossenen 1 Wird also im Inland polnischer Weizen schaft, Bd. V (1885), S. 277—336. vermahlen und über Danzig ausgeführt, so kann * Arndt, in der Fitschrift für die ges. die gleiche Menge amerikanischer Weizen zollfrei Strafrechtswissensch., Bd. V, S. 285, Delbrück, dafür nach Hamburg gebracht werden. Art. 40, S. 33 ff. * Literatur: Ernst Löbe, Das deutsche 2 Delbrück, J. e. Zollstrafrecht, Leipzig 1890, Arndt, Das f Zollvereinigungsvertrag vom 8. Juli 1867 administrative Strafverfahren bei Zuwiderhand-(B.-G.-Bl. 1867, S. 81), Art. 5, und hierzu lungen gegen die Reichs-Zoll= und Steuergesetze, Arndt, Verordnungsrecht, S. 92, Anm. 5. in der Sitschrift für die ges. Strafrechtswissen-