882 Siebentes Buch. Finanzwesen. nur von derjenigen Behörde erfolgen, welche befugt ist oder befugt sein würde, wenn z. B. nicht die Concurrenz mit einem anderen Vergehen oder die unmittelbare Androhung einer Freiheitsstrafe im Gesetze hinderte, den Strafbescheid zu erlafsen. Lehnt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens auf die von der Verwaltungs- behörde erhobene Anklage ab, so ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig (Strafprozeßordnung z8 441, Abs. 1, 209, Abs. 2, 466). Die Ladungen zu der auf die Anklage der Verwaltungsbehörde anberaumten Hauptverhandlung at nicht diese, sondern die Staatsanwaltschaft zu bewirken (Strafprozeßordnung 465, Abs. 2). Dies gilt auch für die höheren Instanzen. Abgesehen hiervon regelt sich das Verfahren auf die von der Verwaltungsbehörde erhobene Anklage nach den für die Privatklage gegebenen Bestimmungen (Strafprozeßordnung § 466). An sich ist die von der Verwaltungsbehörde erhobene Anklage keine Privatklage, sondern eine öffentliche Klaget. Sie kann auch nicht bis zur Verkündung des Urtheils zurückgenommen werden, auch gilt das Ausbleiben des Vertreters nicht als Zurücknahme der Klage. Das Recht der Verwaltungsbehörde zur Mitwirkung bei Gericht umfaßt auch das Recht zur Einlegung von Rechtsmitteln. Als Regel gilt, daß die Verwaltungs- behörde alle einem Privatkläger zustehenden Rechtsmittel einbringen darf, und zwar in den gleichen Fristen und Fällen wie dieser. Während aber für den in der Hauptverhandlung anwesenden Privatkläger die Frist mit der Verkündigung beginnt, laufen alle Fristen zur Einlegung von Rechtsmitteln für die Verwaltungsbehörden erst mit der Zustellung ohne Rücksicht darauf, ob ihr Vertreter bei der Verkündung anwesend war oder nicht (Strafprozeßordnung § 469, Abs. 1). Während ferner die Frist zur Anbringung von Revisionsanträgen? und zur Gegenerklärung auf solches für den Privatkläger eine Woche beträgt, ist sie für die Verwaltungsbehörde auf einen Monat bemessen worden (Strafprozeßordnung § 469, Abf. 2). Revifions. anträge der Verwaltungsbehörde bedürfen nicht der znterzeichnung durch einen Rechtsanwalt“. Während die Verwaltungsbehörde auf die Entscheidung des Gerichts keinen unmittelbaren Einfluß hat, steht ihr ein durchgreifender Einfluß auf die Straf- vollstreckung zu. Nach Art. 18 des Zollvereinigungsvertrages vom 8. Juli 1867 bleibt jedem Bundesstaate das Begnadigungs= und Strafverwandlungsrecht in seinem Gebiete vorbehalten. Diese Bestimmung ist verfassungsrechtlicher Naturs- und schon aus diesem Grunde durch die Reichsjustizgesetze unberührt geblieben. Das Recht der Begnadigung schließt das Recht der Strafmilderung in sich. Die Ausübung des Begnadigungsrechts kann vom Landesherrn delegirt werden #. Dies ist in Ansehung der in Zoll= und Steuersachen gerichtlich erkannten Strafen ge- schehen. So ist in Preußen durch das Accise= und Zollreglement vom 11. Juni 1772 und andere Vorschriften" dem Finanzminister das Recht übertragen, das königliche Seznahigungorecht in Ansehung der vom Gericht rechtskräftig erkannten Zoll= und Steuersachen auszuüben. Die Gerichte sind daher in Preußen verpflichtet, bei ihnen in solchen Sachen eingehende Begnadigungsgesuche an die Steuer-(Provinzial)-Behörde zur weiteren Veranlassung abzugeben 3. Die Provinzialbehörden können ihrerseits in Preußen Stundung und Ratenzahlung bewilligen?. Alle diese Bestimmungen find auch durch die Reichsjustizgesetze nicht ausgehoben. Daher bestimmt Art. 73 der 1 Arndt, l. c. S. 320, Löwe, Anm. 1 ferner in der Zeitshrist für die ges. Strafrechts- zu § 466 der Strafproze orbnung. wissnschaft. Bd. V Vagl. Arndt, l.c. S. 321, öwe, Anm. 2 Arndt, J. c. E # zu – 466 der Strafprazebordnung. s Verfügung des Dustizministers vom 18. Aug. Nicht für andere Rechtsmittel, auch richt 1837 in v. Kamptz, Jahrbuch, Bd. L, S. 233, für bie bostrandere uir•h siehe Arndt, 1. c. v. Kamptz, Annalen, Bd. XXI, S. 633.— Siehe auch § 50 des preußischen Gesetzes 5ä Zs Löwe, Anm. 2 zu § 466 der Straf= vom 23. Januar 1838 und Verfügung dez prozeßordnung. Justizministers vom 10. Setember 1857 (Justiz- Oben S. Dödft Delbrück, Art. 40, S. 79, ministerialblatt 1857, S. 702) und vom 28. Okt. Hänel, Studien, I, S. 138 1876 (das. 1876, S S. 208. “ Vgl. Arndt, Verordnungzsrecht, S. 169 ff.