#K#49. Die Festungen. 499 reglements u. dergl. für seine Truppen anzubefehlen, aber materiell wird er dies thun müssen, da er sich verpflichtet hat, Uebereinstimmung zu halten. Aus der gleichen Erwägung wird er auch nicht umhin können, Vorschriften, welche der Kaiser über Disciplin,Ehrengerichte u. dergl. erläßt, in Bayern einzuführen. Aeußerlich be- trachtet und auch formell juristisch betrachtet handelt es sich dabei überall um bayerische Verordnungen. In der Sache ist Bayern militärisch von Kaiser und Reich unbedingt abhängig. Die Selbstständigkeit des bayerischen Staates in Bezug auf das Heerwesen ist daher thatsächlich nicht vorhanden. Wenn der König von Bayern im Frieden wie im Kriege die Officiere ernennt, so müssen doch in der Sache die vom Kaiser gegebenen Instructionen über Ausbildung u. s. w. dabei für ihn maßgebend sein; denn sonst fehlte die Uebereinstimmung in der Ausbildung. Daß der König von Bayern, abgesehen vom Kriegszustande, das militärische Begnadigungsrecht besitzt, ist ein schönes Ehrenrecht, das er auf militärischem Gebiete mit anderen deutschen Contingentsherren und im civilen Gebiete mit allen deutschen Landesherren theilt. Eine so große praktische Bedeutung, daß dadurch die Einheit des Reichsheeres auf- gehoben wird, hat jedoch auch dieses Recht nicht. Mit der Mobilmachung hört auch die äußere Selbstständigkeit des bayerischen Heeres, der bayerischen Festungen wie des bayerischen Staates auf; denn der Kaiser kann in einem Friedensschlusse so gut Theile Bayerns wie Theile Preußens ab- treten !; er kann und muß in Bezug auf militärische Vertheidigung, Märsche u. s. w. Bayern genau so behandeln wie Preußen. Das preußische Gesetz vom 4. Juni 1851 über den Kriegszustand gilt indeß in Bayern so wenig im Kriege wie im Frieden 7. §* 49. Die Festungen. „Das Recht, Festungen innerhalb des Bundesgebietes anzulegen, steht dem Kaiser zu, welcher die Bewilligung der dazu erforderlichen Mittel, soweit das Ordi- narium fie nicht gewährt, nach Abschnitt XII beantragt“ (Art. 65 der Reichs- verfassung). Dieses Recht des Kaisers erstreckt sich auch auf den Umbau und die Erweiterung von Festungen. Es ist auch ein ausschließliches. Die Bundesstaaten haben in und durch Art. 65 auf das Recht zur Anlegung von Festungen verzichtet. Dies ist unstreitig" und ergiebt sich auch aus dem Umstande, daß der militärische Oberbefehl wie die Ernennung der Festungscommandanten dem Kaiser zusteht und daß die Kosten der Anlegung und Erweiterung der Festungen vom Reiche zu tragen find (Art. 58). Da das Reich nur die ihm übertragenen Befugnisse hat, so ist das Recht des Kaisers an den Festungen nicht weiter auszudehnen, als es der militärische Zweck erfordert. Er kann die Festungen schleisen oder vergrößern lassen und zu diesem Zwecke in die Rechte des betreffenden Bundesstaates und der Privaten eingreifen; er kann z. B. Häuser, Bäume rasiren lassen. Seine Befugniß hört auf, sobald das militärische Interesse aufhört. Soweit dieses Interesse obwaltet, steht die Landeshoheit dem Reiche nicht entgegen. Wenn Art. 8 der Militärconvention mit Sachsen vom 7. Februar 1867 den Uebergang der sächsischen Fortificationen an den Norddeutschen Bund bestimmt und hinzufügt: „Die territorialen Souveränetäts- rechte sollen durch diese Bestimmung ebenso wenig wie die ferner geltenden Privat- besitzverhältnisse eine Aenderung erleiden“, so ist dies nur mit der obigen Ein- schränkung richtig. Nach wie vor ist das Festungsgebiet ein Bestandtheil des Bundesstaates und dessen Gesetzgebungs= und Besteuerungsrechte unterworfen. Diese Gebiete sind nicht unmittelbare Reichsterritorien. Die „Landeshoheit“ hört indeß auf, wo die „Militärhoheit“ anfängt. Weder haben die Einzelstaaten ein Widerspruchsrecht gegen Anlegung, Erweiterung oder Schleifung von Festungen, 1 Oben S. 72. 3 Siehe auch Seydel, Comm., S. 372. 2 Siehe oben S. 476, 493. 32“