547 schaften ist ein besonderes, fortdauerndes Interesse, welches den Beteiligten ein gemeinschaftliches Ziel des Wollens und Handelns, ein durch gemein- schaftliche Vorteile genährtes Solidaritätsbewußt- sein gibt und damit gleiche Sitten und überein- stimmende Lebensanschauungen hervorruft. Im Laufe der Entwicklung erlangen viele dieser Eini- gungen die Gestalt mehr oder weniger ausgebildeter Organismen, die durch gemeinsame Zwecke ge- bildet, durch die Geschichte gefestigt, durch Sitte und Recht ausgestaltet sind. Mit dem Worte Gesellschaft bezeichnet man also zunächst sowohl die Vereinigung mehrerer zu einem gemeinsamen Zwecke (in Gesellschaft treten) als auch eine Gesamtheit bereits vereinigter Personen. Gesellschaft heißt ferner auch die Zusammenfassung der gesellschaftlichen Gestaltungen, der Inbegriff aller innerhalb eines bestimmten Umkreises tat- sächlich bestehenden menschlichen Vereinigungen und überhaupt gesellschaftlichen Beziehungen. Aus diesem menschlichen Gemeinschaftsleben ragt jedoch die oberste öffentliche Gewalt, die Obrigkeit, der Staat, so sehr empor, hat so sehr selbständige Behandlung erfahren, daß vielfach nur das nicht unmittelbar staatliche Gemeinschaftsleben, also alles, was auf das Zusammenwirken der auf dem Gesetz der Arbeitsteilung beruhenden Volksschichten sich bezieht, alles, was nicht (unmittelbar) durch die Staatsgewalt hervorgebracht wird, was von der Tätigkeit des Volkes ausgehen kann, Gesell- schaft genannt wird. Umgekehrt wird unter Ge- sellschaft mitunter auch, über den Staat hinaus- gehend, die menschliche Gesellschaft, die Mensch- heit als ein sich geschichtlich entwickelndes, be- sondern Gesetzen folgendes Ganze verstanden. II. Arten von Gesellschaften. 1. Die be- stehenden besondern Gesellschaften lassen sich sachlich nach dem Gesichtspunkte des verfolgten Zweckes anordnen. Sie können aber auch äußerlich, je nach der in ihnen herrschenden größeren oder ge- ringeren Ordnung, ins Auge gefaßt werden. Da der gemeinsame Zweck durch gemeinsame Tätig- keit erreicht werden soll, so muß bei irgend ent- wickelteren Gesellschaften (im Unterschiede von bloßen Ansätzen zu solchen) ein geordnetes Zu- sammenwirken stattfinden; diese Ordnung, diese gesellschaftliche Uber= und Unterordnung ist be- dingt durch gegenseitige Rechte und Pflichten der Mitglieder. Ein einheitlicher Wille muß an der Spitze stehen, das Wollen aller, soweit es zur Erreichung des Zweckes erforderlich, zusammen- fassen; ihm müssen die Glieder der Gesellschaft in Beziehung auf die gesellschaftlichen Zwecke unter- geordnet sein. Außer jener rechtlichen Gewalt, welche die Befugnis hat, die Gesellschaftsglieder zum Gesellschaftszweck hinzuleiten, müssen noch Anordnungen vorhanden sein, Satzungen über die Art und Weise, wie die Gesellschaftsglieder in der Richtung zum Gesellschaftszwecke tätig sein müssen. Neben den voll entwickelten Gesellschaften kann es aber auch schwach ausgebildete Vereinigungen, Gesellschaft usw. 548. lose Zusammenhänge geben; ja eine gewisse Ge- sellung, eine Gleichheit der Willensrichtung liegt schon vor, wenn mehrere einzelne einem gemein- samen Zwecke zustreben. Der Übergang vom bloßen Verkehr (Güter= und Meinungsaustausch) zu entwickelten (dauernden) Gesellschaftsformen ist ein unmerklicher, der ganze Gegensatz zwischen dem, was dem kurzfristigen Verkehr überlassen, und dem, wofür durch dauernde Einrichtungen gesorgt wird, ist ein rechtsgeschichtlich bedingter. Gewöhn= lich ist es der Hinzutritt der Zeit, der Dauer (oder großer Ausdehnung), was vorübergehende An- näherungen zum Range gesellschaftlicher oder doch gesellschaftsähnlicher Gestaltungen erhebt. Unter den eine entwickeltere Gesellschaftsform anzeigenden Begriffen ist ein wichtiger Begriff der des Standes. Der Stand gibt die Stellung des einzelnen zur Gesamtheit an, die Stellung, welche eine Person in der bürgerlichen Gesellschaft einnimmt. Das Wort bezeichnet ferner die Ge- samtheit der Personen, welche durch Geburt oder Wahl, durch Gleichheit der Beschäftigung, des Berufs und der Stellung im Berufe, durch Gleich- heit oder Gleichartigkeit des Vermögens, Gleich- heit der Anlagen und Neigungen die Förderung eines und desselben Zweckes anstreben und infolge dieser Gemeinschaft eine gleiche oder ähnliche Stel- lung in der bürgerlichen Gesellschaft innehaben. Die gemeinschaftliche Lebensaufgabe, die Gleich- heit der Beschäftigung erzeugt Gleichheit der In- teressen, Gleichförmigkeit der Denkart, der Bil- dung und in mancher Beziehung gemeinschaft- liche Zustände. Der Begriff Stand war eine Zeitlang be- schränkt auf jene vier Stände, welche in den sog. ständischen Verfassungen ihre Vertretung fanden, auch dann noch, als in der Zeit des Absolutismus durch Hervortreten von Heerwesen und Beamten- tum, durch Erhebung einzelner zu großen Wür- den, endlich durch Teilnahme von Gliedern aller Stände an der Staatsverwaltung die Stände unter sich verschmolzen und der Begriff des Stan- des dem des Ranges nähertrat. Jetzt ist Stand ein Gattungsbegriff für Beschäftigungen, ja er ist ein so weiter, daß auch in das Gebiet der Familie einschlagende menschliche Zustände damit bezeichnet werden: Zivilstand, Personenstand, Ehestand, Standeswahl. Am häufigsten aller- dings versteht man unter Stand die Verbindung der Berufsgenossen zur Wahrung ihrer besondern Interessen. In den seltensten Fällen sehen wir im Stande ein bloßes Nebeneinander; hie und da begnügt man sich mit Wahrung der Interessen im ein- zelnen Falle, sehr oft führt das Standesbewußt- sein zu fester Organisation. Die Summe der Vorschriften über Rechte und Pflichten der Mit- glieder heißt Standesrecht. Auch mit Observanz oder Herkommen wird gerne jenes Gewohnheits- recht bezeichnet, welches sich im Kreise der Ge- nossen eines bestimmten Standes oder Berufes