941 Da Luxusverbote in der Gegenwart nicht mehr in Frage kommen, so bleibt von den gegen den Luxus gerichteten Maßregeln nur die Besteue- rung übrig. Die Zweckmäßigkeit und Durch- führbarkeit solcher Steuern ist in der Staats- wissenschaft sehr umstritten. Sie haben ja für das Gerechtigkeitsgefühl des Menschen sehr viel An- sprechendes, und es könnte, wenn der Luxus recht teuer bezahlt werden muß, eine bedeutende Ent- lastung der minder bemittelten Volksschichten her- beigeführt werden. Aber anderseits macht man auf die großen Schwierigkeiten der Durchführung einer allgemeinen Besteuerung und die Unerträg- lichkeit der dadurch notwendig gemachten staat- lichen Kontrollmaßregeln aufmerksam. Dazu kommt, daß einige dieser Steuern geradezu kultur- hemmend wirkten, wie die französische Fenster- steuer, die zur Folge hatte, daß den Wohnungen die nötige Luft= und Lichtzufuhr fehlte, oder die englische Pferdesteuer, welche im Interesse der Pferdezucht aufgehoben werden mußte. Ihr Ziel, den Luxus einzuschränken, erreichen diese Steuern nur sehr unvollkommen, da entweder die Reichen sich aus der Besteuerung nicht viel machen oder sich einem andern Gebiete des Luxus zuwenden. Ja diese Steuern bezwecken eine solche Einschrän- Machiovelli. 942 kung des Luxus gar nicht, da sie mehr oder weniger unverblümt fiskalische Absichten verfolgen. Immer- hin enthalten sie einen berechtigten Kern, wenn auch der Erfolg nicht im Berhältnis zu den auf sie gestützten Erwartungen steht. Ubrigens fragt es sich, ob ihr Mißerfolg nicht zum Teil mit der Schwerfälligkeit und Unbeholfenheit des früheren Finanzwesens zusammenhängt, und ob nicht heute bei einer technisch mehr entwickelten Steuerpolitik der Erfolg ein besserer wäre. Gegenwärtig haben nur noch wenige Staaten Luxussteuern. Mit der Entwicklung der Einkommensteuer verloren sie überall an Boden. Literatur. Roscher, über den Luxus (1843); Baudrillart, Histoire du luxe privé et public (4 Bde, Par. 1878/80); Laveleye, Le luxe (Ver- viers 1887; deutsch 1893); v. Bilinski, Die Luxus- steuer als Korrektiv der Einkommensteuer (1875); Ammon, Die Gesellschaftsordnung in ihren natürl. Grundlagen (1900) 84 ff; Gurnwitsch, Die Ent- wicklung der Bedürfnisse (1903); Sommerlad, Art. „Luxus“, im Handwörterbuch der Staatswissen- schaften V (21900) 640 ff. — Pesch, Lehrbuch der Nationalökonomie II (1909) 684, 706 ff; Seipel, Die wirtschaftl. Lehren der Kirchenväter (1907); Schilling, Eigentum u. Reichtum in der altkirchl. Literatur (1908). Walter.) Al. Machiavelli, Niccold, florentinischer Staatsmann, wurde geboren (am 3. Mais) 1469 zu Florenz aus einem angesehenen, aber wenig begüterten Stadtgeschlechte. Er wuchs in der Schwärmerei der Zeit für den heidnischen Hu- manismus auf, nach dessen Idealen sein Denken und Trachten, sein öffentliches und privates Leben sich gestaltete. Im Juli 1498 wurde er Sekretär der Kanzlei des Rates der Zehn, der leitenden Behörde der florentinischen Republik, und in dieser Stellung zu wichtigen diplomatischen Sendungen verwendet, die ihn nach Forli, Pisa, in die Ro- magna zu dem Herzog Valentino Cesare Borgia), wiederholt nach Rom, einmal nach Frankreich und durch den größten Teil Italiens führten und so ihm die beste Gelegenheit zur Ausbildung seiner scharfen Beobachtungs= und Urteilsgabe boten. Daneben war er mit der Bildung eines nationalen Söldnerheeres beschäftigt. Der Sturz der Repu- blik (1512) und die Wiederaufnahme der seit 1494 vertriebenen Medici machten seiner amt- lichen Tätigkeit ein Ende. Der Verdacht der Teilnahme an einer Verschwörung gegen den Kardinal Giovanni de' Medici brachte ihn in den Kerker. Die Folter, der er unterworfen, und die Verweisung aus der Stadt, die über ihn verhängt wurde, verschärfte seine und seiner nicht kleinen Familie traurige Lage, da er das geringe elterliche Vermögen mit seinem Bruder hatte teilen müssen. Erst nachdem der Kardinal als Leo X. (1518) den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte, wurde ihm die Rückkehr in die Vaterstadt gestattet. Als Ratgeber des Kardinals Giulio Mediei, der im Namen Leos X. Florenz verwaltete, ver- besserte er seine gedrückte Lage keineswegs in der erhofften Weise. Der Verdacht der Teilnahme an einer neuen Verschwörung gegen die Medici ent- fernte ihn abermals von den öffentlichen Geschäften, und erst nachdem Giulio Medici als Klemens VII. (1523) Papst geworden war, wurde Machioavellis Lage ein wenig gebessert. Ruhmstucht, literarische Eitelkeit, sinnliche Genüsse, Schöngeisterei, wie seine Zeit und Umgebung sie liebte, kalte spöttische Zynismen, Tagespolitik und obszöne Komödien mußten ihm über seine Untätigkeit, seine innere Ode hinweghelfen. Der vertraute Briefwechsel, den er mit seinem glücklicheren Freunde, dem florentinischen Gesandten in Rom, Francesco Vettori führte (Le lettere familiari an Vettori, Soderini u. a., hrsg. von Alvisi, Florenz 1883), bietet von alledem ein so widerwärtiges, immerhin der Zeit und dem Politiker so genau entsprechen- des Charakterbild, daß Ludwig Pastor, der Ein- blick in die editio integra dieser Briefe hatte, auf die Anstandsrücksichten hinweisen muß, die deren Sekretierung veranlaßt haben. Wenn auch Ma- chiavelli in der Offenlegung eines dem Trinkgelage und der Jagd auf Liebesabenteuer ohne alle