1177 Glänzendes Elend? (1895); M. Zimmermann, Bosheit oder Unkenntnis? (gegen Krafft; 1896); A. Allgaier, Heer u. Volk (1896); Preuß, Die höheren Aufgaben des jungen Offiziers für Armee u. Volk (1906). — Hilder, Der Reserveoffizier als Kaufmann, Studierter u. Staatsbürger (1887). Über Unteroffizierstand: A. Hellhoff, Die Unter- offzierfrage als die wichtigste Militärfrage der Gegenwart (1874); A. v. Lattorff, Die Unteroffi- zierfrage u. die Sozialdemokratie in der Armee (1878); R. Krafft, Kasernenelend (1895); Gold- beck, Kasernenzucht (gegen Krafft; 1896). Über Militärversorgungswesen: Paalzow, In- validenversorgung u. Begutachtung beim Reichs- heer, bei der Marine u. bei den Schutztruppen (1906); Erzberger, Das neue Militärpensionsgesetz für Mannschaften u. Militäranwärter (1906); v. Düring, Kommentar zum Gesetz über die Pen- fionierung der Offiziere (71908). (Gröber.) Milliz s. Heerwesen (Bd II, Sp. 1140). Minister, Ministerverantwortlich- keit s. Staatsministerium, vgl. auch Garantien, staatsrechtliche (Bd II, Sp. 396 ff). Minorat s. Fideikommiß. Missio canonica s. Lehramt, kirchliches. Mission, innere, s. Innere Mission. Mittelamerika s. Zentralamerika. Mittelstand. I. Begriff. Der Mittel- standsbegriff ist in der staatswissenschaftlichen Literatur von jeher ein viel umstrittener gewesen. Über die Begriffsmerkmale des Mittelstandes und die Gesichtspunkte, von denen aus eine zutreffende Definition zu erzielen ist, gehen die Meinungen auseinander. Von vornherein hat sich das Kri- terium des Vermögens, d. h. des Kapitalbesitzes, als wenig brauchbar erwiesen. Desgleichen bietet auch eine Abgrenzung der Berufsgruppen nach dem Einkommen keine genügenden Anhaltspunkte für die Erfassung des Mittelstandsbegriffs. Besser vermag noch immer die ältere Auffassung zu be- friedigen, welche als Voraussetzung für den Mittel- stand die wirtschaftliche Stabilität, Seßhaftigkeit und Selbständigkeit bezeichnete, wobei freilich der Begriff „Mittelstand“ heute nach oben und nach unten viel weiter zu fassen ist als ehedem. Der Begriff des Mittelstandes läßt sich nicht mehr auf die alten Hauptgruppen beschränken, welche durch die Berufsstände der Bauern, der Handwerker und Kleingewerbetreibenden und der kleinen und mitt- leren Kaufleute gebildet wurden. Die großindu- strielle Entwicklung hat vielmehr in dem technischen und kaufmännischen Beamtenpersonal neue Grup- pen wirtschaftlicher Existenzen geschaffen, die be- rufen sein können, die Lücken auszufüllen, welche der alte Mittelstand aufweist. Daneben umfaßt heute der Mittelstand auch den größten Teil der sog. freien Berufe sowie der Rentner und Pen- sionäre (ogl. d. Art. Privatbeamtenbewegung). Im allgemeinen wird man sagen können, daß der Mittelstand alle Berufsschichten umfaßt, welche weder zu den Großkapitalisten, noch zum besitz- losen Proletariat gezählt werden können. Nach dem Gesagten dürfte etwa folgende Definition des Miliz — Mittelstand. 1178 Mittelstandsbegriffes zutreffen: „Der Mittelstand besteht aus denjenigen Volksangehörigen, die durch ihre mehr oder weniger verantwortungsvolle Stel- lung, ihre Leistungen, ihre Bildung, ihren Besitz oder ihr Einkommen oder ihre soziale und gesell- schaftliche Stellung, durch den ganzen bürgerlichen Zuschnitt der Lebensführung über die großen Massen der arbeitenden Klassen hinausragen, ohne aber durch ein großes Einkommen zu den kapital- oder besitzreichen Klassen zu gehören."“ Die Verschiedenartigkeit der Berufsgruppen, aus denen sich jene so bedeutsame Mittelschicht zwischen den oberen Ständen und dem Prole- tariat zusammensetzt, läßt es begreiflich erscheinen, daß die Interessen innerhalb des Mittelstandes selbst sich vielfach widerstreiten. Die städtische und überhaupt die nicht bäuerliche Bevölkerung hat ein starkes Interesse an möglichst wohlfeilen Preisen der landwirtschaftlichen Produkte, während die Landwirtschaft alle Maßnahmen (Schutzzölle usw.) zur Steigerung dieser Preise ergreifen wird. Für den Handwerksmeister hängt die Leistungs= und Konkurrenzfähigkeit zum guten Teil von den Prei- sen der Rohstoffe ab. Die Preis= und Zollpolitik der Landwirtschaft verficht hingegen entgegen- gesetzte Interessen. Der Detailhandel sucht seine Waren möglichst billig einzukaufen. Das Hand- werk, welches in früheren Tagen den Vertrieb seiner Produkte selbst besorgte, wird in wohl- verstandenem Selbstinteresse darauf bedacht ssein, seine produzierten Waren zu möglichst hohen Prei- sen an den Handel weiterzubegeben. Jo selbst in ein und demselben Produktionszweige gehen die Interessen oft genug auseinander. Auch die Inter- essen des bäuerlichen und kleingewerblichen Mittel- standes und diejenigen des sog. neuen Mittel- standes der Privatbeamten und freien Berufe gehen in mancher Richtung stark auseinander. Indessen ist dem Mittelstande, vorab in der zunehmenden Übermacht des Großkapitals, ein Gegner erstanden, der trotz dieser Interessengegen- sätze in unsern Tagen zu einem engeren Zusammen- schluß der mittelständischen Berufe geführt hat. Die oft nur scheinbare Gegensätzlichkeit der Inter- essen vermag die Bedeutung und Durchschlags- kraft jener höheren sozialethischen Gesichtspunkte, von denen eine fortschrittliche und den neuen Zeitverhältnissen angepaßte Mittelstandsbewegung geleitet ist, nicht abzuschwächen. „Während die ungehemmte Entwicklung des Großkapitalismus unabweislich zu einer groben, materialistischen Lebensauffassung führt, in welcher die Selbstsucht die vorherrschende Triebkraft bildet, zielt ander- seits die proletarische Massenbewegung auf eine Gemeinwirtschaft hin, in der die Individualität des Menschen völlig untergehen müßte. Liegt dem ersteren ein übertriebener Individualismus zu- grunde, der sich zur rücksichtslosen Selbstsucht ausgestaltet, so muß in einem Kommunismus, der jeden Eigenbesitz und jede individuelle Entfaltung der Persönlichkeit unterbindet, das höhere Men-