1269 auf dringen, daß 8 1716 des B. G. B. erfüllt wird (Möglichkeit der Hinterlegung eines gewissen Ali- mentsbetrages vor der Niederkunft). — b) Auch der unehelichen Mutter hätte das Gesetz den Schutz des § 361, Abs. 10 des St. G. B. zu gewähr- leisten (also Bestrafung auch des unehelichen Vaters, der sich der Alimentierung entzieht, im weiteren Ausbau die Möglichkeit seiner Über- weisung in ein Arbeitshaus). — c) Der § 1717 des B.G.B., wonach bei der „Einrede mehrerer Zuhälter“ die Alimentierungspflicht aufgehoben ist, wäre zu streichen (Gründe: die Möglichkeit dieser Einrede wirkt entsittlichend, weil sie das sexuelle Verantwortlichkeitsgefühl des Mannes zu zerstören droht; für das Weib wächst die Gefahr, zum Objekt klug angelegter männlicher Verfüh- rungskünste zu werden, was bei der entsprechenden Reichstagsverhandlung mit folgenden Worten be- zeichnet wurde: Dieser Paragraph sei eine „Prä- mie für Wollüstlinge"“; selbst wenn die Vater- schaft zweifelhaft ist, so hat doch der zur Alimen- tierung Aufgerufene bewußt alle Vorbedingungen der Vaterschaft erfüllt, und es ist nicht sein Ver- dienst, wenn die Folgen ausblieben; es ist sozial- politisch falsch gedacht, einen Nächstbeteiligten zu entlasten, weil er möglicherweise nicht der Vater ist, dafür aber gänzlich Unbeteiligten — Kassen, Armenverwaltung, Privatwohltätigkeit — mit der Sorge für Mutter und Kind eine schwere Last aufzubürden). — d) Es müßte eine gesetzliche Handhabe geschaffen werden, um den unehelichen Vater für eine Gesetzesübertretung der Mutter, die mit Schwangerschaft und Niederkunft zusammen- hängt (Verbrechen gegen das keimende Leben, Kindsmord), mit verantwortlich zu machen, wenn er ihr die erbetene materielle und moralische Hilfe verweigert hat (siehe hierzu auch die Petition des Bundes deutscher Frauenvereine zur Reform des Sttasgesehöuches und der Strafprozeßordnung, 09). Als ideelles Moment des Mutterschutzes wäre noch die Abschaffung der Doppelmoral zu nennen, die für ein von zwei Personen be- gangenes Unrecht den schwächeren und in physi- Nachlaß= und Erbschaftssteuern. 1270 scher Hinsicht ohnehin schwer belasteten Teil fast allein der öffentlichen Verurteilung preisgibt. Im Volksgewissen muß auch der Mann bürgerlich geächtet sein, wenn er zwei Wesen im Stich läßt, deren materielle Not und soziale Minderbewertung er verschuldet hat. Umgekehrt darf das Volks- urteil der unehelichen Mutter gegenüber nicht von der bisherigen, oft namenlosen Härte bleiben; wir können die sittlichen Grundsätze unserer Religion sachlich hochhalten, ohne die einzelne Persönlich= keit, die diese Grundsätze verletzte, in Verruf zu erklären. Auch das Gesetz müßte hier eine Härte beseitigen, die auf manchen wohlmeinenden Vor- satz verbitternd und lähmend wirkt: indem es der unehelichen Mutter nicht grundsätzlich die elter- liche Gewalt über ihr Kind abspricht (8 1707 des B.G.B.). Literatur. Gertrud Bäumer, Agnes Bluhm, Ika Freudenberg, Anna Kraußneck, Helene Lange, Anna Pappritz, Alice Salomon, Marianne Weber: Frauenbewegung u. Sexualethik, Beiträge zur mo- dernen Ehekritik (1909); Fr. Wilh. Foerster, Se- rualethik u. Sexualpädagogik, eine Auseinander- setzung mit den Modernen (21909); Julian Mar- cuse, Die sexuelle Frage u. das Christentum, ein Waffengang mit Fr. Wilh. Foerster (1908); Marie Wegner, Merkbuch der Frauenbewegung (1908); IJ. Mausbach, Altchristliche u. moderne Gedanken über Frauenberuf (1906); Marianne Weber, Ehe- frau u. Mutter in der Rechtsentwicklung (1907); Ellen Key, über Liebe u. Ehe, Der Lebensglaube (1906); Carpenter, Wenn die Menschen reif zur Liebe werden (ohne Jahr); August Buckeley, Zur Frage der Mutterschaftsversicherung (1908); Alice Salomon, M. u. Mutterschaftsversicherung (1908); Camilla Jellinek, Petition des Bundes deutscher Frauenvereine zur Reform des Strafgesetzbuches u. der Strafprozeßordnung (1909); Adele Schreiber, Der Bund für M. u. seine Gegner (1908); Maria Lischnewska, Unser praktischer M. (1907); Klara Linzen-Ernst, Stillstuben (1908); Adele Schreiber, omane aus dem Leben. Aus den Erfahrungen des Bundes für M. (1908); Nanny Lambrecht, Die neue Mutter (1909); Gertrud Prellwitz, Vom Wunder des Lebens (1909); Mausbach, Der christ- liche Familiengedanke im Gegensatz zur modernen Mutterschutzbewegung (1908). IH. Dransfeld.]) NA. Nachlaß= und Erbschaftssteuern sind Vermögensverkehrssteuern, die aus Anlaß eines Erbfalles vom Bestande der Erbschaft erhoben werden. Sie treffen den Vermögensverkehr von Todes wegen. Sie sind Erwerbssteuern, weil das ihnen unterworfene Vermögen bei dem Verkehrs- vorgang einen Erwerb gewährt, Vermögens- steuern, weil sie aus dem Nachlaß entnommen werden. In der Wissenschaft werden sie deshalb auch als in der Form einer „intermittierenden“ Vermögenssteuer erhobene Verkehrssteuern be- zeichnet. Die Steuerquelle und die Bemes- sungsgrundlage für sie ist bei der Nach- laßsteuer der Nachlaß, also das Vermögen des Erblassers, nicht insofern es als Ganzes mit dem Erbfall auf die Erben übergegangen ist, sondern insofern es in der Person des Erblassers zu einer Einheit zusammengefaßt war, bei der Erb- schaftssteuer der Erwerb des Erben von