1411 ment im Lande dauerte fort, zumal als Pitt 1804 aufs neue an die Leitung der Staatsgeschäfte trat und die Forderungen der Katholiken mit der Auf- lösung des „katholischen Bureaus“, dann auch des an seine Stelle getretenen „katholischen Komitees“ und der Aufhebung der Habeascorpusakte (1804 bis 1807) beantwortete. Als auch eine Petition in Sachen der Emanzipation (Febr. 1805) unter dem wilden Hohngeschrei des No-Popery zurück- gewiesen wurde, stand O'Connells Uberzeugung fest, daß nur die Erringung der Emanzipation zum Repeal führe, die Emanzipation aber ohne Beseitigung der Unentschlossenheit und Uneinigkeit der Katholiken unmöglich sei. Demgemäß haudelte er; er ahnte nicht, daß er mehr als 30 Jahre dem Kampf um die Emanzipation würde opfern müssen. Den Repeal ließ er nie aus dem Auge. Für die Weckung, Schulung, Einigung der Katholiken, die erste und wichtigste Bedingung seines Arbeitens, standen ihm 18 lange, schwere Lehr= und Prüfungsjahre bevor. Die Vorsehung hatte ihm dazu die glücklichste Lebens- lage bereitet. Er war einer der gesuchtesten und allgemein geachtetsten Anwälte des Landes geworden und hatte sich in der Verbindung mit Maria Mullaghan, der Tochter eines Arztes in Tralee, den glücklichsten Familienstand gesichert (Juni 1802). Die ersten Verirrungen seines politischen Lebens, seine Verbindung mit den „vereinigten Iren“ und sein Eintritt in die Loge, waren auf die Erinnerung an den revolutio- nären Charakter jener und das Verbot dieser durch die Kirche gesühnt. Das steigende Vertrauen, die Liebe und Bewunderung seiner Mitbürger erleich- terten ihm die ersten Kämpfe um die zielbewußte Reform der politischen Organisation der Katholiken. An ihrer Spitze standen damals Lord Fingal und John Keogh, edle, in den schlimmsten Tagen er- probte Männer, aber ohne tiefere Einsicht in die neue Lage; der erstere war nur für eine friedlich- loyale, „gesetzmäßige“ Aktion, nicht Agitation und Organisation, der letztere im Hinblick auf das scheinbare Entgegenkommen der Regierung für Ab- stentionspolitik. Mitte 1808 entschied ein großes Meeting der Dubliner Katholiken (William Street) gegen beide; auf O'Connells Antrag wurde die Reorganisation der Katholiken des ganzen Landes mit einem Zentralkomitee in Dublin für die Eman- zipation beschlossen, trotzdem gerade jetzt auf pro- testantischer Seite die Repealbewegung begann. Im Jan. 1810 erhob sich die Gesamtkorporation von Dublin, alles Orangisten, im Hinblick auf die durch die Union tief geschädigten Handels= und Wirtschaftsinteressen. O'Connell erklärte sich zu- gunsten der Bewegung. Namens der Katholiken gab er (Mitte Mai) auf der größten Bürgerver- sammlung in Dublin seit den Tagen der Union die Versicherung: „Wenn die Forderungen der Katholiken den Repeal in Frage stellen können, so gebe ich sie preis; ich verzichte auf jeden Wunsch nach Emanzipation, wenn damit die Vertagung O'Connell. 1412 des Repeal begründet werden soll.“ Während in- dessen die Repealbewegung keinen Anklang fand, brachte die nicht unterbrochene Agitation für die Emanzipation neue schwere Kämpfe. Im Oktober desselben Jahres war an die Stelle des wegen schroffer Abneigung gegen die Katho- liken mißliebigen, nun von Wahnideen befallenen Georg III. der Prinz von Wales getreten, dessen freundlichere Stellung zu den Katholiken neue Hoffnungen erregt hatte; allein von den Ver- sprechungen des Prinzen wußte der Regent nichts mehr. Als die von Grattan 1811 eingebrachte Emanzipationsbill, für welche Castlereagh und Canning eintraten, von O'Connell wegen der bei- gefügten Klauseln verworfen wurde, erfolgte die Auflösung des Zentralkomitees, nach Verwerfung der 1813 wieder eingebrachten Bill auch die des „Catholic Board“, der an seine Stelle getreten war und dessen Petition um bedingungslose Emanzipation Grattan zu vertreten sich jetzt weigerte. Mehr als unter diesen politischen Miß- erfolgen litt O'Connell um diese Zeit unter dem moralischen Druck schwerer Verkennung seiner re- ligiösen Pflichten in der Annahme zweier Duell- forderungen. Ein zweideutiges Wort der Kritik des Verhaltens der Dubliner Korporation bewog den Vertreter der Kaufmannsgilde d'Esterre zur Forderung; er fiel in Bishops Court bei Dublin von O'Connells Hand. Das Duell mit dem Unter- staatssekretär Robert Peel wurde polizeilich ver- hindert. O'Connells Buße für den Mord d'Esterres war lebenslang: er sorgte für die Familie, tat öffentliche Abbitte vor dem Erzbischof, ging nie mehr nach der Gerichtssitzung der „Four Courts“, ohne an d'Esterres Hause mit entblößtem Haupt zu beten, und zeigte fortan die todbringende Hand nur noch in schwarzem Handschuh. Infolge der Erörterungen über die Emanzi- pationsbill drohte jetzt die Zwietracht unter den Katholiken unheilvoller als je hervorzutreten wegen des sog. irischen Vetos, welches Castlereagh im Einvernehmen mit Grattan und Canning in den Emanzipationsdebatten vor die große Offent- lichkeit gebracht hatte. Castlereagh hatte am Vor- abend der Unionsakte als Bedingung der Katho- likenemanzipation das Veto verlangt, die Ein- räumung des staatlichen Einspruchsrechts bei Be- setzung der Bischofsstellen. Die Prälaten des Verwaltungsrats von Maynooth hatten es im Hinblick auf die Dotation der Bistümer und Pfarreien gebilligt, die irischen Bischöfe aber seit 1808 verworfen. Lord Fingal, die englischen Ka- tholiken (mit Ausnahme des Apostolischen Vikars von London, Dr Milner), die römischen Diplo= maten (Reskript Quarantottis an Dr Poynter), Grattan und die irischen Loyalisten waren dafür. O'Connell hatte die Emanzipation mit der Veto- Klausel für „schismatisch“ erklärt. Das katholische Komitee war 1813 auf seine Seite getreten; Bi- schöfe und Volk regten sich mächtig. In großen Protestversammlungen huldigten die Katholiken