Großfürstin Konstantin klagte, wie schrecklich die Verschickung der balti- schen PHastoren sei. „Mein Mann will durchaus nicht, daß ich mich in der- artige Aktionen mische.“ Dann heißt es im nämlichen Brief: „Alix (die Kaiserin] in etwas zu mischen, wäre eben ein direktes Verbrechen.“ Die Kaiserinmutter war viel eher in der Lage, für feindliche Gefangene etwas zu tun, weil ihre Stellung im russischen Volk gefestigter war. Mitte Mai 1916 (anläßlich der Schrecknisse beim Bau der Murman- bahn) klingt es, als ob ein Mut der Verzweiflung über eine der deutsch- geborenen Großfürstinnen gekommen wäre: „Ich will mich nicht mehr schonen, wenn es sich um Menschenleben handelt,“ heißt es in einem Brief. Nicht lange nachher erhielt ich ein paar Zeilen, die mich aufhorchen ließen. „In höheren, nicht zu verrannten Gesellschaftskreisen werden die An- sichten klarer. Die von der Front Kommenden sind vernünftiger. Schweige, aus Angst, zu viel zu sagen. Wir verstehen uns.“ Hierin sah ich eine Andeutung, die ich weitergeben sollte. IAm diese Zeit hatte ich Gelegenheit, den Reichskanzler v. Bethmann Hollweg zu sehen, und ich machte ihm Mitteilung von dem Brief meiner Verwandten. Er nahm die Sache ernst. Wir verabredeten weitere Schritte. — So mündete meine Tätigkeit für die Gefangenen in die auswärtige Politik. 21