militärischen Wechselfällen und sind mit Gewissensprüfungen in der Schuld- frage verknüpft. Vom Mai bis zum Spätjahr 1916 erreicht die englische Friedensbewegung einen Höhepunkt. Am Ende der enttäuschenden Kampagne des Jahres 1915 tritt tiefe De- pression in England ein. Die allgemeinen Hoffnungen: wir können länger aushalten, Deutschland wird früher zusammenbrechen, verlieren an trösten- der Kraft angesichts eines neuen Kriegswinters in Schlamm und Blut, den Deutschland sicher überstehen wird. Amerikas Intervention scheint in weite Ferne gerückt, Rußland aber ist eine „erledigte Kraft"“, wie Lloyd George öffentlich sagt. Bulgariens Eintritt in den Krieg scheint diese Deutung zu bestätigen. Es kommt im November zu einer Debatte des Oberhauses über den Frieden. Lord Courtney spricht für das liberale Gewissen in England. Beson- deren Eindruck macht die noble Geste, mit der er es ablehnt, den Fall Cavell zur Kriegsreklame auszubeuten. Er weist wohl auf die gute Ge- legenheit zur Gnade hin, die Deutschland versäumt habe. Dann aber fährt er fort: Die letzten Worte der Miß Cavell waren, „Patriotismus ist nicht genug; man muß auch den Haß überwinden.“ Hierbei wendet er sich an die Bischöfe: „Ich mache mir diese heiligen Worte zu eigen und bitte Eure Lordschaften, sie in ihrer ganzen Einfachheit anzunehmen.“ Lord Loreburn spricht im Namen der vergessenen ittschen Staats- kunst; „Manchester Guardian“ zieht folgendermaßen das Fazit aus seinen Worten: „Wir haben bisher in allen früheren Kriegen mit Schiffen und mit Gold ge- fochten, und unsere Anstrengungen zu Lande haben sich streng auf Subsidien be- schränkt. In diesem Kriege setzen wir unsere volle Stärke an Schiffen und unsere volle Stärke an Gold ein: aber auch unsere Anstrengung zu Lande ist zum ersten Male ebenso groß wie die irgendeines unserer Verbündeten. Eines Dages wird es für unsere Regierung nötig sein, zu erklären, wie wir dazu kamen, unsere Art der Kriegführung zu revolutionieren, und ob die Regierung sich beim Entschluß zu dieser Revolution völlig klar war, was sie unternahm.“ Die englische Hresse im November 1915 weist der deutschen Staatskunst so deutlich wie noch nie den Weg, wie sie die englische Heimatfront vollends erschüttern kann. So schreibt Arnold Bennet in der „Daily News“ vom 4. Novem- ber 1915: „Alle unsere wirtschaftlichen Anstrengungen, alle Anstrengungen unserer Flotte und Armee werden umsonst sein, wenn wir nicht eine andere schwere Ge- fahr vermeiden: die Gefahr eines verfrühten Friedens. Wenn einmal der Friede unter diesen oder jenen Bedingungen allgemein erreichbar scheint, die dahin gedeutet werden können, daß sie mit unserem 30