„In ernstester Stunde spreche ich zu Ihnen, denn Ihre Abreise bedeutet eine neue schicksalsschwere Phase dieses Weltkrieges. Ihr Heimatland Amerika hat die diplomatischen Beziehungen mit dem Land abgebrochen, in welches Sie gekommen sind, um Arbeit menschlicher Hilfeleistung zu vollbringen. Sie verlassen Deutschland in dem Augenblick, da eine neue Wolke am fernen Horizont aufsteigt. Auf das dankbarste begrüße ich es aber, daß Ihre Arbeit trotzdem nicht aufgegeben wird. Ich erblicke darin den allerschönsten Ausdruck des Gedankens, den Sie in der Welt ver- treten, würdig der großen christlichen Organisation, der Sie angehören. „Sie verlassen Deutschland, das, von Feinden rings umgeben, in schwerstem Kampf für seine bedrohte Existenz ringt. Sie haben mein Vaterland in einer Zeit des Leidens und der Not kennengelernt, in der alle Volkskräfte in höchster Anspannung das eine Ziel verfolgen: Erhaltung des nationalen Eigenlebens, Rettung all dessen, was dem Deutschen heilig und wert ist. Von den idealen Werten, die Deutschland in der Welt vertritt und die von Millionen Ihrer Landsleute geschätzt und gewürdigt werden, will ich nicht zu Ihnen reden, denn Sie haben Kriegsarbeit in Kriegszeit bei ung leisten müssen, und diese Seite deutschen Lebens ist Ihnen am deutlichsten nahegetreten. Sie haben ein Volk kennengelernt, das mit einzigartiger Ge- duld und Selbstverleugnung sein Leid und seine Leiden trägt, aus über- zeugter Hingabe und Treue an sein Vaterland. Sie haben die Eigenschaften kennenlernen können, die Ihren großen Landsmann Emerson beeindruckten, als er Deutschland bereiste, und die der große Engländer Carlyle mit über- zeugender Kraft seinen Landsleuten gegenüber vertrat. Sie haben sich ein- gefügt in das Getriebe der großen Organisation, die Deutschland für seine mehrals eineinhalb Millionen Gefangenengeschaffenhat. Siekönnen dafür zeugen, daß von seiten unseres Kriegsministeriums der Wille vorhanden ist, das Los der Gefangenen, das unter allen Imständen ein trauriges ist, nach Kräften zu einem menschenwürdigen und erträglichen zu gestalten, und daß das Möglichste geschieht, um die geistige und leibliche Gesundheit der- selben zu erhalten und zu fördern, soweit dies bei der ungeheuren Zahl und der großen Verschiedenheit ihrer Art und Abstammung überhaupt erreich- bar ist, unter den Bedingungen, unter denen Deutschland jetzt zu leben gezwungen ist. Sie haben in den Lagern zahlreiche Elemente kennengelernt, die mit frohem Eifer die Maßnahmen aufnahmen und förderten, die den Gefangenen Erleichterung und Freude brachten. Reibungen und Schwierig- keiten, die bei menschlichen Dingen nie fehlen, haben Sie mit dankenswerter Geduld und freundlichem Sinn hingenommen und überwunden. An den Kommandanten haben Sie stets eine Stüge und willige Förderer Ihrer Arbeit gefunden. Und diese Arbeit war eine gute. Sie haben Glück und 83