Wir werden ohne Anterlaß zuschlagen, bis die deutschen Armeen vernichtet sind.“ Er hatte auf die Kavalleriemassen hingewiesen, die zur Verfolgung des geschlagenen Feindes bereitstünden. Da war Churchill, der „Amateur- stratege“ 1 gegen Haig aufgetreten: Die Kavalleriemassen im Westen ver- schluckten mehr Tonnageraum als die Saloniki-Expedition und seien hinter der englisch-französischen Front ebenso überflüssig im Jahre 1917 wie im Jahre 1916. Der Sieg an der Westfront sei zweifelhaft. „Gehirn spart Blut.“ Die Mitte April begonnene Offensive führte zu einer furchtbaren Men- schenschlächterei. Die Erfolge standen in keinem Verhältnis zu den Ver- lusten. Nivelle wurde am 17. Mai 1917 seines Postens enthoben, Pétain wurde sein Nachfolger. Er galt als der Kunktator. Sein Programm war bekannt: er will nichts Entscheidendes unternehmen, bis Amerikas Hilfe da ist und eine überwältigende Aberlegenheit an Material und Menschen sichergestellt hat. Bis dahin soll nur mit begrenzten kleinen Offensiven ge- arbeitet werden. — Frankreichs Armee und Volk erlebten die schwerste mo- ralische Erschütterung während des Krieges. Es kam zu Meutereien und Erschießungen, deren Amfang uns damals nicht bekannt geworden ist. Der Kriegsminister PainlevéE gab der allgemeinen Erbitterung in der Kammer Ausdruck: Frankreich darf sich nicht einem Scheiterhaufen gleich selbst verzehren und die Welt erleuchten. Der Stimmungssturz ist so tief, daß die französischen Sozialisten es wagen können, einer Anregung aus Petersburg zu entsprechen und für Elsaß-Lothringen die Volksabstimmung zu fordern. Die öffentlichen Be- ruhigungsreden nehmen kein Ende: das dritte Wort ist immer Amerika. Man fragt sich: Würde der französische Kriegswille den Zusammenbruch der Nivelleschen Offensive überleben, wenn ihn nicht die Hoffnung auf die Vereinigten Staaten aufrecht erhielte? In England halten es die „östlich“ gerichteten Kriegspolitiker für an der Zeit, zum Generalangriff gegen die Durchbruchsstrategie überzugehen — 1 Das Ansehen der „Amateurstrategie“ war in England im Wachsen. Der Bericht, den eine vom Parlament eingesetzte Kommission im März 1917 über den Mißerfolg der Dardanellen-Expedition erstattete, führte nicht zu einer Verurteilung des Churchill zugeschriebenen Planes. Vielmehr ergab sich: 1. Der Gedanke war gesund, die Türkei als den schwächsten der feindlichen Bundes- genossen zu treffen und die Hoffnungen Deutschlands auf Expansion im Osten zu- nichte zu machen. 2. Der Augenblick war richtig, denn die russische Regierung erbat dringend Hilfe für ihre im Kaukasus bedrängten Truppen. 3. Der Dlan konnte gelingen, aber Kitchener erklärte, es seien nicht so viel Truppen verfügbar, als nötig waren, um den Erfolg zu bringen. 4. Die Kommission kommt zu dem Schluß, daß die Truppen sehr wohl verfügbar gewesen wären. 102